Jenseits der Auslöschungskonkurrenz

Zwischen einem zwei- und dreistündigen Vortrag fand Bazon Brock Zeit, ein Exklusiv-Referat ins Mikrofon der taz-nord hinein zu halten – dabei ständig Schokolade in sich hineinstopfend und kuliblaue Ornamente auf den Tisch malend. Auszüge des Interview-Versuchs von Jens Fischer

taz: Wie verstehen Sie …

Bazon Brock: … also, ich bin ein Beispielgeber in einer Gesellschaft, in der es keine Vorbilder mehr geben kann, da es Vorbilder nur in dogmatisch-patristischen Systemen gibt. Mir kommt es darauf an, ein Beispiel für das zu geben, was die Herausforderungen unserer heutigen Welt darstellen. Ich sage: Jeder ist ein Künstler, der aus sich heraus etwas behauptet. Das ist das europäische Prinzip seit dem 14. Jahrhundert: Wir erlauben dem singulären Menschen Aussagen von Autorität. Er kennt die Wahrheit nicht, spricht in individuellen Behauptungen, formuliert Aussagen als Hypothesen. Die Erfindung der Autorität durch Autorenschaft ist das Manifest aller Künstler. Künstler sein, das heißt, etwas zu vertreten, ohne sich auf andere zu verlassen.

Wenn Kunstwerke Hypothesen sind …

… was denn sonst. Meine Funktion ist es, den Leuten klar zu machen, wie man einen gescheiten Gebrauch von diesen Aussagen macht – und zwar im Hinblick auf die kulturelle Dogmatik. Die Natur der menschlichen Kultur besteht in der Bereitschaft, sich für sein Vaterland, seine Gemeinschaft, seine Religion aufzuopfern bis zum Tod. Das heißt, die fest gefügte Einfassung des Menschen in die Überlebenskampfgruppe Kultur bringt einen evolutionären Vorteil, lässt aber keinen Platz für Individualität.

Und für Kunst! Ist das das, was Sie zu vermitteln versuchen?

Sie haben sich wohl noch nicht einen Tag in der Welt umgeguckt. Das Entscheidende ist doch, wie man mit der Tatsache, von Natur aus ein Kulturwesen zu sein – wie man also diese Prägung zähmt, sich dem kulturellen Zwang widersetzt, gegen andere Kulturen anzutreten. Ich bin ein Beispiel dafür, wie sich einer, der kulturell eindeutig geprägt ist, es schafft, sich in der Sphäre von Wissenschaft, Kunst, universalen Menschenrechten und Zivilisation zu bewegen. Also jenseits der Kulturen. Jenseits der potenziellen Auslöschungskonkurrenz.

Den kulturellen Kontext der Kunst …

Wollen sie mich veralbern? Kunst existiert jenseits aller Kulturen nach einem Regelsystem, das alles überformt und es möglich macht, aus dem permanenten Kulturkampf herauszukommen.

Welches Regelsystem …

… na das der Verpflichtung, zivilisiert zu sein.

Aber Kunst ist auch kulturell geprägt …

… nein, das sagen diese Dummköpfe der Grünen, die reden den Leuten auch kulturelle Autonomie ein, so dass wir jetzt eine zweite Generation von Migranten haben, die nicht ein Wort Deutsch spricht. Diese grüne Politik ist doch eine Aufhetzung zum Rassenhass, zum permanenten Bürgerkrieg: die Verweigerung der Assimilation im Namen kultureller Hegemonie.

Welcher Hegemonie?

Das Idiotenmotto „Stick to your own people“ fordert, dass jeder im Ghetto seiner Kultur lebt und damit zum Kämpfer gegen andere Kulturen werden muss. Das ist ein Naturgesetz. Darin liegt ja der ganze Schwachsinn vom Multikulti-Gerede. Alle Kulturen sind radikalste Selbstbehauptungskampfeinheiten, die jeden beim Kampf um Territorien, Frauen, Ressourcen etc. zur Loyalität erpressen und zum Töten zwingen.

Dienen Ihre öffentlichen Veranstaltungen der Entladung ihrer Wut?

Es ist notwendige Gegenwehr gegen die Dummheit.

Einsam on the top. Einzelkämpfertum. Oder mit wem gehen sie noch konform?

Mit anderen reden, das geht nicht, das zeigt jede Veranstaltung. Auch im universitären Bereich, da ist keiner. Nur im Wirtschaftsteil der FAZ finde ich mich, also so etwas wie liberale Öffentlichkeit, manchmal repräsentiert. Nicht bei der schwachsinnigen Westerwelle-FDP, bei der ich mich wie ein Grundschullehrer mit Analphabeten jahrelang bemüht habe, Liberalismus nahe zu bringen. Aber die sind alle intellektuell zu unfähig, um auch nur einen einzigen Satz zu verstehen.