urdrues wahre kolumne
: Der Mensch ist gut!

Ausgerechnet in Hameln, wo derzeit durch die Heuschrecken der Postbank die Arbeitsplätze in der Zentrale der Bausparkasse BHW weggefressen werden, bietet ein ortsansässiges Fitness-Studio jetzt „Managerboxen“ an. Werden die kleinen und großen Ackermanns dieser Welt durch Koksrationen ihres Pizzabäckers gefügig gemacht, sich als Sandsack zur Verfügung zu stellen oder wollen sie auf diese Weise das Karma für ihre übergroße Schuld abarbeiten? Und werden die Angehörigen dieses Berufsstandes künftig an ihren zerbeulten Nasen erkennbar sein?

Schön, dass es einige Synodale der Evangelischen Christenheit in Bremen mittlerweile begriffen haben: Die Mehrzahl der Eltern, die ihre Kinder auf ein Evangelisches Gymnasium bringen wollen, denken dabei keineswegs an Jesus den Sanftmütigen („Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihrer nicht“), sondern werden von der Sehnsucht nach der kanakenfreien Schule getrieben, in der durchweg lutherisches Starkdeutsch gesprochen wird und die Rute nicht zu weit vom Apfel sein darf. Dann doch lieber Waldorfschule mit eurhythmischem Eiapopeia als so eine altprotestantische Selektionsanstalt für gesellschaftliche Mülltrennung!

Wenn sich der Club der Bösen Buben aus Hamburg künftig mit den harten Kerlen aus Hannover, Bremen oder Neumünster zum Pokern trifft, hält man ihnen vermutlich überall hämisch und feixend das Welt-Zitat aus der Innenbehörde entgegen: „Hamburg ist nicht mehr Hauptstadt des Verbrechens, sondern der Verbrechensbekämpfung.“ Bislang begnügen sich die Herrschaften noch damit, singend dagegenzuhalten „Nie mehr zweite Liga“, aber auf Dauer werden sie schon mal eine Welle von Raubüberfällen, Brandstiftungen und Attentaten auf Katasterämter oder Beachclubs dagegen setzen müssen, wenn der Ruf nicht gänzlich ruiniert werden soll. Ahnt man denn im Senat nicht, was durch so peinliches Rumgestrunze ausgelöst werden kann?

Der Feuilleton-Charismatiker Christoph Schlingensief ist jetzt Gastprofessor in Braunschweig, mit all dem discount-provokativen Marschgepäck, das man als Avantgarde-Darsteller in Permanenz für den Abstecher in die Provinz so braucht. Und irgendwann werden diese wilden Muttersöhnchen selbst ihrem eigenen Publikum so peinlich wie weiland Otto Mühl, und wo die Bild gestern noch mit Volkes oder Wagners Stimme „Schluss mit dem Scheiß auf unsere Kosten“ verlangt, da darf er morgen schon bei Friede Springer Kreativ-Seminare zum nächsten Relaunch der Welt zelebrieren. Alles nicht so ernst gemeint …

Der sozialdemokratische Amtsleiter Markus Schreiber (nur echt mit dem gepflegten Volksfürsorge-Repräsentantenbart) hat inzwischen mit seiner kryptofaschistischen Bettlerkampagne in Hamburgs geschäftiger Mitte recht nachdrücklich demonstriert, dass er seine Kundschaft nicht nur bei verstörten Pfeffersäcken und sozialneidischen Prolls erkennt („die werden doch mit dem Mercedes zum Betteln gefahren“), sondern auch im landesüblichen Glatzenpöbel. Und doch hört man dazu kaum was von den grünen Bündnispartnern im Bezirk. Ist das nun Ausdruck kollektiver Scham oder verklemmte Zustimmung zum Armen-Bashing?

Ansonsten hat die Hamburger SPD ja am vergangenen Wochenende bei ihrer Fraktionsklausur das Schwerpunktthema „Menschliche Metropole“ ausgerufen. Jaja, der Mensch ist gut – das Problem sind nur die Leute! Wird es Dittsche mit der Texas-Lightning-Crew heute in Athen schaffen, dass Pop-Deutschland wieder anknüpfen kann an die großen Zeiten von Nicole oder doch zumindest Joy Fleming? fragt sich und Dich erwartungsvoll Ulrich „Country“ Reineking