Krise im Filmland

Die Landesregierung kürzt das Budget der Filmstiftung NRW um 2,5 Millionen Euro. Die Produzenten sorgen sich um die Zukunft des Standorts

VON WILFRIED URBE

Als NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers im vergangenen Jahr das Medienforum eröffnete, schien er seine Vorgänger Steinbrück, Clement und Rau als Medienpolitiker übertreffen zu wollen. Das Land sollte künftig „im Mediensektor, in der Informations- und Kommunikationsbranche Weltspitze“ sein. Heute klingt das für Film- und Fernsehproduzenten im bevölkerungsreichsten Bundesland wie Hohn: Die Landesregierung hat das Budget der Filmstiftung in diesem Jahr um zweieinhalb Millionen Euro gekürzt. In einem offenen Brief an Rüttgers warnt der Film- und Fernsehproduzentenverband NRW „mit großer Sorge“ vor den möglichen Folgen.

„Die Kürzung in diesem Jahr ist drastisch. Zweieinhalb Millionen Euro sind nicht wenig, das sind über 20 Prozent. Richtig schwierig würde es, wenn es hier um einen Trend geht“, klagt auch der Filmstiftungschef Michael Schmid-Ospach, der 2005 noch insgesamt 29 Millionen Euro vergeben konnte.

Der oberste Filmförderer in NRW sieht zwar, unter welchem Druck die Landesregierung steht, aber es müsse dennoch Signale für eine Verbesserung geben: „Ein Drittel unseres Budgets kommt vom Land, der Rest von ZDF, RTL und WDR. Wenn sich diese Partner überlegen, sich langfristig ebenfalls zurückziehen – was glücklicherweise nicht der Fall ist –, dann würde die Situation für das Medienland NRW prekär werden.“

Gerhard Schmidt ist mit seiner Firma Cologne Gemini einer der wichtigsten unabhängigen Produzenten des Landes. Auch er hat für die Sparmaßnahmen kein Verständnis, denn: „Die Medienindustrie ist eine der wenigen Branchen, die kontinuierlich Wachstum bewiesen hat und die ständig Steuern einbringt.“ Die Summe sei zwar angesichts der Umsatzsteigerungen der Branche relativ klein, aber: „Das ist ein ganz schlechtes Signal, ich vermisse eine Haltung, die zwar Rücksicht auf die knappe finanzielle Situation des Landes nimmt, sich aber trotzdem einsetzt, indem sie die richtigen Partner zusammenbringt.“ Zudem seien Subventionen notwendig, „um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Es gibt kaum einen Staat, der seine Medienindustrie nicht fördert, weil es überall eine der wenigen Wachstumsbranchen ist.“

Die Landesregierung begründet die Kürzungen auch mit der Förderpolitik der Filmstiftung: Diese unterstütze Unternehmen aus NRW zu wenig und begünstige den Subventionstourismus. Nur 44 Prozent der Fördermittel gingen tatsächlich an hiesige Produzenten. Würde man von diesen noch diejenigen abziehen, die nur eine kleine Dependance in NRW unterhalten, wäre der Anteil noch geringer. Es heißt, wenn der Geschäftsführer der Filmstiftung die Quote von NRW-Unternehmen nicht erhöhe, gefährde er seine Position. Schmid-Ospach entgegnet: „Unsere Messlatte muss doch sein, was in NRW ausgegeben wird: Mit den 32 Millionen Euro Filmstiftungsgeld erreichen wir, dass mindestens 48 Millionen Euro hier investiert werden.“

Diese Argumentation wird allerdings auch von vielen NRW-Produzenten kritisiert, beispielsweise von Leopold Hoesch von Broadview TV. Geld, das für Taxis, Hotels oder Catering ausgegeben werde, nutze kaum: „Es bringt dem Standort sehr viel mehr, wenn die Filmförderung den Firmen zufließt, die ihren Mittelpunkt auch in NRW haben. Das baut nachhaltige Strukturen auf und schafft langfristig Know-how und Arbeitsplätze am Standort. Ziel muss es sein, den Filmstandort im Wettbewerb zu stärken.“ Und Schmidt ergänzt: „Subventionstouristen aus Berlin, Kopenhagen oder Irland schütten ihre Gewinne nicht in Nordrhein-Westfalen aus, sondern sind nach der Produktion direkt wieder weg.“ Er ist sich sicher, dass weitere Kürzungen den Standort NRW zusehends in die Zweitklassigkeit zurückführen werden: „Alle Kräfte, die langfristig denken, werden sich andere Standorte aussuchen – und das geht dann ganz schnell.“