Gespielt wird auf dem Platz

Egal, ob Brasilien wieder Weltmeister wird: Brasilianische Klänge sind in diesem Sommer überall. Oder liegt Afrika diesmal vorn? Hier die wichtigsten Festivals und die besten Konzerte der Saison

Die Fußball-WM wirft ihre Schatten voraus. Einige Veranstalter wie die Masala-Crew in Hannover haben ihr Festival deswegen in diesem Jahr nach vorn verschoben, andere weiter nach hinten im Kalender. Und andere wieder stellen sich ganz bewusst der Herausforderung, der Fußball-WM im Juni ein passendes Programm zur Seite zu stellen.

Praktisch den ganzen Sommer über läuft das Weltnacht-Festival in Bielefeld, das die Stadt und die Region vom 29. 4. bis zum 19. 8. in Atem hält. Zu den Höhepunkten im Programm zählen die Auftritte der Chanson-Globetrotter Titi Robin und LéOparleur aus Toulouse, das „Mozart Meets Cuba“-Konzert sowie der Carnival der Kulturen am 10. Juni.

Ganz im Zeichen der Fußball-WM erstrahlt dagegen das Haus der Kulturen der Welt in Berlin in den brasilianischen Farben: Das „Copa da Cultura“-Festival widmet sich neben Tanz, Ausstellung, Film und Musik des Landes vom 25. Mai bis zum 8. Juli natürlich auch der „Musica Popular Brasileira“: Mit dabei sind Stars wie Chico Buarque, Bebel Gilberto, Nacao Zumbi, DJ Dolores, Jorge Ben Jor, Nana Vasconselos und Daniela Mercury.

Auch das 18. Africa Festival in Würzburg fährt vom 25. bis 28. Mai wieder einmal einige große Namen – natürlich der afrikanischen Musik – auf, darunter Miriam Makeba, Salif Keita, Femi Kuti, Tiken Jah Fakoly, Lokua Kanza und Angelique Kidjo.

Beim Jazz-Festival in Moers, das ebenfalls an Pfingstwochenende vom 2. bis zum 5. Juni statt findet, kann man die türkisch-kasachische Sängerin Saadet Türköz, das neue Projekt des norwegischen Trompeters Nils-Petter Molvaer mit dem Dub-Produzenten Bill Laswell oder Balkan Beat Box aus Israel hören.

Traditionell am Pfingstsonntag zieht auch der Karneval der Kulturen durch Berlin. Erstmals gab es zu diesem Anlass auch einen Wettbewerb, bei dem die besten Karnevalssongs ermittelt wurden: Sie werden mit Sicherheit vorab auf den einschlägigen Radiowellen rotieren. Tradition hat auch schon die „Lange Nacht der Sound Systems“, die am 4. Juni in Berlin ein Highlight der Karnevalsfeierlichkeiten vom 2. bis 5. Juni flankiert.

Das Heimatklänge-Festival in Berlin passt sich in diesem Jahr der Fußball-WM an und bringt vom 9. Juni Musik aus den Teilnehmerstaaten des Fifa-Wettbewerbs in die Hauptstadt. Neben Bonga aus Angola, Mangu aus den USA, Kal aus Serbien, Haydamaky aus der Ukraine und Meiway von der Elfenbeinküste, Berimbrown aus Brasilien kommt zum Finale das African Dope System aus Südafrika – dort findet die nächste WM 2010 statt.

Zeitgleich zieht auch das Berliner „popdeurope“-Festival vom 9. Juni bis zum 9. Juli unter dem Namen „Popkick 06“ in den Treptower Park. Für wenig Geld sind dort Tiken Jah Fakoli, Patrice, die 17 Hippies, Senor Coconut und Culcha Candela zu sehen. Das reguläre Popdeurope-Festival wurde auf den September verschoben.

Fest steht dagegen, dass Jorge Ben Jor und Berimbrown aus Brasilien am 25. Juni beim Summer Stage in Köln auf der Bühne stehen werden.

Das Stimmen-Festival in Lörrach startet sein Programm am 28. Juni und läuft bis zum 6. August. Einen Schwerpunkt bildet die Türkei, die sich zwar nicht zur WM qualifizieren konnte, aber mit der Popkönigin Sezen Aksu, dem Multiperkussionisten Burhan Öcal, der kurdischen Sängerin Aynur, dem Elektrosufi Mercan Dede sowie dem Rapper Ceza hier gut vertreten ist.

Vom 1. Juli bis zum 13. August öffnet auch das Kulturzelt Kassel wieder seine Pforten, und bringt den Bajofondo Tango Club aus Argentinien, die Sitar-Erbin Anoushka Shankar, den Bluesgitarristen Taj Mahal sowie den Kora-Meister Toumani Diabaté in die Stadt.

Vom 14. bis zum 16. Juli findet dann in Potsdam das Afrika Festival statt. Eingerahmt von einem afrikanischen Markt und verschiedenen Ausstellungen, werden Nneka, Onejiru und Longitude 0/20 Ost auftreten. Letztere ein deutsch-afrikanisches Projekt, dass sich an dem Zone orientiert, die der Raum zwischen dem Nullmeridian und dem 20. Längengrad von Potsdam nach Afrika schlägt.

Zum Final-Wochenende der Fußball-WM, vom 7. bis zum 9. Juli, bietet das 16. Tanz- und Folkfest Rudolstadt dann ein Alternativprogramm für alle Fußballverächter: Auf über 20 Bühnen werden unter anderem der Reggae-Veteran Jimmy Cliff, die mexikanische Chanteuse Lila Downs, Eyuphuro aus Mosambik, Fania aus dem Senegal und die Ohrbooten aus Berlin auftreten. Einen Länderschwerpunkt bildet Frankreich, das durch die Mestizo-Kapelle Babylon Circus, die Neo-Chanson-Sängerin Françoiz Breut, die Ethno-Elektroniker Orange Blossom und die Clubband NoJazz vertreten wird. Außerdem wird bei dieser Gelegenheit auch der Weltmusikpreis „Ruth“ vergeben, der in diesem Jahr an den Harfenisten Rüdiger Oppermann und den Liedermacher Konstantin Wecker geht.

Im übrigen Süddeutschland geht es erst nach der WM wieder richtig los: Das Zeltival in Karlsruhe etwa wartet vom 12. Juli bis zum 6. August mit Anoushka Shankar und dem Dirty Jim’s Ensemble aus Trinidad auf. Und am 14. und 15. Juli steigt auf dem Schlossplatz in Stuttgart das große Festival Viva Afro Brasil, das nun endgültig aus Tübingen in die Landeshauptstadt verlegt wurde. Das Line-up war bei Redaktionsschluss noch nicht offiziell. Aber wenn Brasilien wieder Weltmeister wird, steigt dort die Party des Jahres.