wohin heute
: Der Prozess tanzt im Fundbureau

Hierzulande würde man ein solches, kaum im engen Sinne Band zu nennendes Gebilde wohl eher auf dem Land vermuten: im tiefen Odenwald vielleicht, weit draußen zwischen den Meeren oder auf einem Bergbauernhof: ein Kollektiv, lose organisiert um eine Hand voll Gründer, mit häufig wechselnder Besetzung. Und wenn man so will, ebensolcher Musik; ausufernden, auch auf den siebten Blick nur ungefestigten Strukturen, geprägt durch Improvisation und (vermeintliche) Formlosigkeit, mehr für die Spielenden gemacht denn für ein Publikum, so könnte man meinen.

Aber: Bei der No-Neck Blues Band (offiziell mit NNCK abgekürzt) haben wir es eben nicht zu tun mit irgendwelchen verbotene Pilze konsumierenden Hinterwäldlern, sondern einem inzwischen seit beinahe anderthalb Jahrzehnten sich immer wieder erneuernden Pool von New Yorker Loft-Bewohnern, die es vorziehen, einigermaßen anonym zu bleiben. Vielleicht ja, weil ihr Tun ein denkbar wenig einträgliches ist, sind NNCK inzwischen in Harlem zu Hause.

Der freie Jazz des Art Ensemble of Chicago klingt an im Rasseln und Rascheln und Klappern, dann wieder erinnern NNCK daran, welche Freiheiten etwa die Beatniks dem Folk schon abtrotzten. Und lassen sich doch nie auf ein fassbares Genre festlegen, vermeiden gekonnt alles scheinbar Selbstzweckhaft-Selbstverliebte. Sonic Youths Thurston Moore übrigens zählt zu ihren glühenden Verehrern, und selbst der in der jüngeren Vergangenheit einigermaßen schwer zu begeisternde Poptheoretiker Diedrich Diederichsen empfahl angesichts des Sounds von NNCK: „Hier bleibt nichts zu tun, als den Prozess zu verfolgen.“ ALDI

heute, 21 Uhr, Fundbureau