Turbine in Turbulenzen

Titelverteidiger Turbine Potsdam verliert das Hinspiel im Uefa-Pokal-Finale gegen Frankfurt auf eigenem Platz überraschend deutlich mit 0:4. Das Ergebnis stellt den Saisonverlauf auf den Kopf: In der Meisterschaft dominierten die Potsdamerinnen

Der größte Wunsch der Potsdamerinnen war es, gegen Frankfurt in dieser Saison fünfmal zu gewinnen

VON ARTHUR SCHMIDT
VON HAPPE

Nichts hatte sich der 1. FFC Frankfurt gegen den 1. FFC Turbine Potsdam sehnlicher gewünscht, als endlich wieder ein Tor zu schießen – am liebsten wollten sie gleich mit diesem Treffer in Führung gehen. Nach einem druckvollen Beginn und einem präzise geschlagenem Freistoß aus Strafraumnähe durch Renate Lingor ging dieser Wunsch in der sechsten Minute in Erfüllung: Die Frankfurterinnen führten 0:1.

Der größte Wunsch der Potsdamer Spielerinnen hingegen war es, gegen Frankfurt in dieser Saison fünfmal zu gewinnen. Im Uefa-Cup-Halbfinale hatte Turbine spektakulär die Schwedinnen aus Djurgarden mit 5:2 geschlagen hatten und somit die Lage nach der 2:3-Auswärtsniederlage noch einmal zu ihren Gunsten gedreht. Jetzt gab es als Gradmesser für die eigene Leistung in dieser Saison nur noch den 1. FFC Frankfurt.

Bis zum Samstag hatten die Potsdamerinnen Frankfurt mit zwei eindrucksvollen Siegen in der Bundesliga, die maßgeblich zur vorzeitigen Meisterschaft beigetragen hatten, im Griff gehabt. Bestätigen konnten die Spielerinnen ihre Dominanz im Pokalfinale, das sie souverän mit 2:0 gewannen. Doch am Ende des Uefa-Cup-Final-Hinspiels stand es 0:4 (0:1) für Frankfurt – und der große Traum von Turbine, der große Traum von den fünf für Frankfurt demoralisierenden Siegen, war geplatzt.

Vorausgesehen hatte das unter den Zuschauern niemand: Noch nach dem 0:2 für Frankfurt, das in der 63. Minute Sandra Albertz erzielte, skandierten die Fans von Potsdam selbstbewusst „6:2“. Das war das Ergebnis des ersten Spiels gegen Frankfurt in dieser Saison gewesen. Mit diesem „6:2“ hatten die Potsdamerinnen vor wenigen Wochen auswärts den 1. FFC Frankfurt empfindlich getroffen. Doch zu diesem Zeitpunkt ahnte noch niemand im Stadion, dass die Niederlage diesmal die Potsdamerinnen ähnlich bitter verletzten sollte. Als sie sich nach dem Schlusspfiff von ihren Fans verabschiedeten, war ihnen die Enttäuschung in die Gesichter geschrieben.

Dabei stellen beide Ergebnisse – die 2:6-Niederlage der Frankfurterinnen, aber auch die 0:4-Niederlage der Potsdamerinnen – ein Zerrbild der Leistungsstärke beider Teams dar. Turbine hat in dieser Saison die Frauen-Bundesliga wie keine andere Mannschaft beherrscht und dabei insgesamt nur zehn Gegentore zugelassen. So schwach wie am Samstag war die Abwehr nie. Noch beeindruckender sieht die Bilanz des Potsdamer Sturms aus. 110 Tore schossen er in der Meisterschaft, davon allein 8 gegen Frankfurt. Am Samstag konnte er jedoch keinen Treffer landen.

Hans-Jürgen Tritschoks, der Cheftrainer der Frankfurterinnen, sah in diesem Spiel zwei ebenbürtige Teams, die sich nichts geschenkt hatten. Und Bernd Schröder, der Trainer der Potsdamerinnen, hatte schon vor dem Spiel befürchtet, dass seine Mannschaft den vielen schweren Spielen der vergangenen Wochen trotz der herausragenden Erfolge physisch und psychisch Tribut zollen muss. Er behielt letztlich Recht: Frankfurt konnte erfolgreich die Schwäche der Potsdamerinnen nutzen und verstand es, die wenigen erspielten Chancen besser zu nutzen als die Potsdamerinnen.

Für Turbine bleibt das letzte Gipfeltreffen am kommenden Samstag in Frankfurt, um das Ergebnis aus dem Hinspiel des Uefa-Pokal-Finales zu relativieren. „Ich denke, wir haben eine super Saison gespielt und müssen uns nicht schämen, hier verloren zu haben“, fasste Ariane Hingst das Spiel zusammen. Und auch wenn der große Traum von den fünf Siegen definitiv geplatzt ist: Es kann immerhin noch ein vierter dazu kommen. „Wir haben noch ein Spiel“, so Ariane Hingst.