Der Donner ist schwach geworden

Berlin Thunder beendet mit einer 13:14-Niederlage gegen Frankfurt eine katastrophale Saison. Grund für die Misere waren Verletzungspech und fehlender Teamgeist

Zum letzten Spiel konnte Thunder nur mehr 39 Profis aufbieten, fast ein Dutzend weniger als üblich

Das Ende war nicht schön, aber adäquat. Das Wetter war schlecht, voller dramatisch tief vorbeiziehender dunkler Regenwolken, das Spiel war umkämpft, und schlussendlich ging es verloren. Der letzte Auftritt von Berlin Thunder im Jahre 2006 war ein getreues Spiegelbild der gesamten Saison, die als die erfolgloseste in die Geschichte des hauptstädtischen Footballteams eingehen wird.

Denn nach der 13:14-Niederlage gegen Frankfurt Galaxy am 10. Spieltag der NFL Europe findet man sich zum Abschluss auf dem letzten Platz wieder. Der Gegner dagegen hat sich mit dem Erfolg für die World Bowl qualifiziert und trifft am kommenden Samstag in Düsseldorf nun auf die Amsterdam Admirals. Thunder dagegen gelangen nur zwei Siege und ein Unentschieden bei sieben Niederlagen. So mies fiel die Bilanz des dreimaligen NFL Europe Champions noch nie aus.

Auch wie die letzte dieser Niederlagen zustande kam, war typisch für den gesamten Saisonverlauf: Die Mannschaft spielte gut mit, bevor eine Mischung aus Pech und Unvermögen in entscheidenden Situationen den Erfolg verhinderte. Im heimeligen Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, in den man umziehen musste, weil der Olympiastadion-Rasen bereits für die Fußball-WM geschont werden muss, übernahm Kicker Xavier Beita die Rolle des Sündenbocks und verschoss gleich zwei leichte Field Goals. Wäre nur einer der Kicks aus kurzer Entfernung gelungen, Thunder wäre rein rechnerisch als Sieger vom Platz gegangen.

Die Fehltritte waren aber nur das i-Tüpfelchen auf einer verkorksten Spielzeit, die vor allem von einer geradezu unglaublichen Verletzungsserie geprägt war. Insgesamt 26 Spieler fielen zumindest zwei Spiele lang aus, 19 mussten sogar während der Saison nach Birmingham im US-Staat Alabama ins Reha-Zentrum der National Football League (NFL) geflogen werden.

Nicht alle kehrten von dort zurück. Zum letzten Spiel konnte Thunder nur mehr 39 Profis aufbieten, fast ein Dutzend weniger als üblich. Darunter auch Defensive Tackle David Harley, der erst am vergangenen Donnerstag als Last-Minute-Ersatz in Berlin angekommen war. Auf dem Spielberichtsbogen war der Neuankömmling noch als Nummer 90 vermerkt, auf dem Trikot trug er dann die Nummer 55. Sein Name allerdings konnte erst in der Pause zur Halbzeit aufgebügelt werden.

Solch eine Verletztenmisere habe er in seiner Karriere „noch niemals erlebt“, befand Lang Campbell. Daran allein aber, meinte der Quarterback, habe es nicht gelegen, dass Thunder am Tabellenende landete: „Wir hatten auch nicht die beste Chemie im Team: Wir waren nicht alle auf einer Wellenlänge.“

Running Back Little John Flowers, der nach dem Spiel allein und einsam auf einer Bank am Spielfeldrand saß und völlig frustriert in die Runde blickte, pflichtete ihm bei: „Es lag definitiv an der Teamchemie. Wenn wenn die nicht gut ist, kommt das immer dann an die Oberfläche, wenn man die ersten Niederlagen einfährt.“ Flowers muss es wissen, spielte er doch bereits im vergangenen Jahr in der Hauptstadt. Damals erreichte die Mannschaft noch das Endspiel.

Bei der anschließenden Pressekonferenz wirkte selbst der sonst stets leicht bärbeißige Berliner Trainer Rick Lantz eher frustriert und verloren. Die vielen Verletzungen, sagt er, seien nicht der einzige Grund für die schlechte Saison, aber der einzige, über den er detailliert sprechen wolle.

Dem Vernehmen nach war er wohl mit seinem für die Defensive zuständigen Trainerstab, der in dieser Saison vollkommen neu war, nicht wirklich zufrieden. Immerhin gab schließlich auch Rick Lantz zu, dass seine Spieler „als Team nicht zusammengewachsen sind – und das muss ich auf meine Kappe nehmen“. Ansonsten freue er sich aber schon auf die neue Saison im kommenden Jahr.

„Verletzungen, Schiedsrichter und das Wetter“, seufzte Lantz noch zum Abschied, „darauf hat man keinen Einfluss. Also macht es auch keinen Sinn, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.“

Das Wetter immerhin, so steht zu hoffen, dürfte in der nächsten Spielzeit besser werden. Rückt der Saisonbeginn doch wieder näher in Richtung Sommer, nachdem er in diesem Jahr aufgrund der WM vorverlegt werden musste. THOMAS WINKLER