„DA-VINCI-CODE“: VATIKAN UND STAATS-TV ÜBERSCHLAGEN SICH VOR KRITIK
: Debatten, als sei Italien katholisch

In Italien heißen Buch und Film ganz so wie das Original: „Da Vinci Code“. Dabei würde südlich der Alpen der in Deutschland gewählte Titel bestens passen. „Sakrileg, Sakrileg!“ krähen hier schon seit Wochen katholische Kreise, wann immer die Rede auf Dan Browns Schinken und seine Verfilmung kommt. Das Gezeter gibt es anderswo auch, rund um den Globus. Schließlich ist die katholische Kirche eine Weltfirma, und auch die Unterabteilung Opus Dei – die sich besonders geschmäht fühlt, da eines ihrer Mitglieder als fieser Killer durch Buch und Film läuft – agiert global. Doch der Hauptsitz des Unternehmens ist und bleibt nun mal Rom, seit bald 2000 Jahren schon.

In Italien wird zudem die Fiktion verteidigt, das Land sei grundkatholisch. Genau genommen residiert der Papst zwar bloß in einem Nachbarstaat, dem Vatikan, aber das vergessen die „vatikanischen Kreise“ ebenso wie die italienischen Bischöfe immer dann gern, wenn es nicht um Steuer- und andre Privilegien geht. Wann immer ein „Machwerk“ wie „Sakrileg“ auf den Markt kommt, führen sie sich auf, als sei der Papst immer noch der weltliche Herrscher in Rom.

Und die wahren weltlichen Herrscher Italiens machen es den Herren in den Soutanen leicht. Seit Wochen schon betreibt das staatliche Fernsehen RAI eine Berichterstattung über „Sakrileg“, wie es Radio Vatikan nicht besser machen könnte. Opus-Dei-Sprecher und Vatikanprälaten mit so schönen Namen wie Cantalamessa („Sing die Messe“) dürfen in jeder Tagesschau der Zelluloid gewordenen antichristlichen Botschaft Zunder geben. Und wenn die Kritiker in Cannes den Film durchfallen lassen, tut Italiens Fernsehen so, als sei da nicht ein cineastisches Urteil über „Sakrileg“ gefällt, sondern der fromme Stab gebrochen worden.

Kein Wunder in einem Land, in dem selbst der Linkspolitiker Massimo D’Alema unbedingt auf dem Petersplatz in der ersten Reihe sitzen wollte, als Johannes Paul II. den Opus-Dei-Gründer heilig sprach. D’Alema hat es nichts genützt. Er scheiterte jetzt beim Versuch, Staatspräsident zu werden, nicht zuletzt am Vatikan-Veto. MICHAEL BRAUN