Kirche beichtet weitere Missbrauchsfälle

MISSBRAUCH Erzbistum Berlin legt Zwischenbericht vor: Mindestens acht Fälle von Übergriffen durch katholische Geistliche sind in den letzten Jahren angezeigt worden. Staatsanwalt ermittelt gegen Priester

Dem Erzbistum Berlin sind in den vergangenen Jahren von Betroffenen mindestens acht Fälle von mutmaßlichem Missbrauch durch katholische Geistliche angezeigt worden. Allein seit Februar dieses Jahres seien fünf Fälle bekannt geworden, die zum Teil mehrere Jahrzehnte zurückliegen, heißt es in dem am Mittwoch vorgelegten Zwischenbericht des Missbrauchsbeauftragten des Erzbistums, Dompropst Stefan Dybowski.

Der jüngste Fall wurde erst im Mai bekannt. Dabei geht es um Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen einen Pfarrer, die aus dessen Zeit als Priester des Erzbistums Freiburg stammen sollen. Seit 1989 sei der Beschuldigte als Priester im Erzbistum Berlin tätig. Die Heidelberger Staatsanwaltschaft ermittle bereits gegen ihn.

Die anderen Fälle von mutmaßlichem Missbrauch seien bereits 2002, 2003 und 2009 bekannt geworden, hieß es weiter. Vier der mutmaßlichen Täter sind den Angaben zufolge inzwischen tot, einer lebt im Ruhestand, gegen zwei werde ermittelt, und in einem Fall sei weder der Name des Berliner Priesters genannt noch Anzeige erstattet worden, hieß es weiter.

Im Zusammenhang mit den im Februar bekannt gemachten Missbrauchsfällen am Canisius-Kolleg seien von der Missbrauchsbeauftragten des Jesuitenordens, Ursula Raue, auch Vorwürfe gegen einen Priester des Erzbistums erhoben worden, der sich im Ruhestand befindet. Name und Identität des Opfers seien dem Erzbistum nicht bekannt. Der Missbrauch habe in den 70er-Jahren stattgefunden.

Die Enthüllungen am Canisius-Kolleg Anfang des Jahres hatten zu einer breiten öffentlichen Debatte über sexuellen Missbrauch in Deutschland geführt. In deren Folge wurden immer mehr Missbrauchsfälle an katholischen Schulen in Deutschland, aber auch an anderen Bildungseinrichtungen bekannt.

Laut dem Bericht des Missbrauchsbeauftragten des Erzbistums hat sich bereits im Mai 2002 „ein Mann aus Australien“ gemeldet, er sei von einem 1987 verstorbenen Kaplan sexuell missbraucht worden. Der Zeitpunkt des Missbrauchs habe aber nicht festgestellt werden können, schreibt Dybowski.

Gegen den Berliner Priester Peter W. im Stadtteil Hohenschönhausen seien im Juli 2009 von Eltern eines Opfers Vorwürfe erhoben worden. W. sei seit dem Zeitpunkt „nicht mehr seelsorglich tätig“, jeder Kontakt zu Jugendlichen sei ihm untersagt worden. Kardinal Georg Sterzinsky habe eine Voruntersuchung angeordnet. Nach Abschluss der Voruntersuchung sei der Sachverhalt der Staatsanwaltschaft gemeldet worden. Zudem werde Sterzinsky einen „kirchlichen Strafprozess“ einleiten. Dem Opfer sei bereits „konkrete Hilfe zugesagt“ worden. (epd)