Nordsee-Ölplattform außer Kontrolle

ÖL II Seit einer Woche versucht die norwegische Ölgesellschaft Statoil, ein Leck zuzumachen

STOCKHOLM taz | Eine Ölkatastrophe wie im Golf von Mexiko ist auch in der Nordsee eine allgegenwärtige Gefahr. Seit einer Woche versucht der norwegische Ölkonzern Statoil Druckprobleme an einem Bohrloch in den Griff zu bekommen, die denen vergleichbar sind, die der Explosion auf der „Deepwater Horizon“-Plattform vorausgegangen waren. Nun plant man eine ähnliche Methode, wie sie 8.500 Kilometer entfernt BP versuchen will: Eine Mischung aus Bohrschlamm und Zement soll das Bohrloch zupfropfen.

Mindestens seit Weihnachten schon hat die staatliche Statoil Druckprobleme mit einem von seiner Plattform „Gullfaks C“ aus gebohrten neuen Bohrloch. Am Mittwoch vergangener Woche entstanden zwei Gaslecks. Im Bohrschlamm, der zur Plattform hochdrückte, wurden derart erhöhte Gaskonzentrationen gemessen, dass wegen drohender Explosionsgefahr die Plattform-Besatzung in die Rettungsboote befohlen wurde. Einen Tag später wurde dann auch tatsächlich evakuiert: Eines der beiden Sicherheitssysteme, das den Gasdruck regulieren sollte, war ausgefallen.

Seither verhindert nur noch der – im Golf von Mexiko havarierte – Abdichtkopf des Ventilsystems, dass Öl ausläuft. Dass nun nicht wie vorgeschrieben zwei, sondern nur noch eine einzige Barriere einen unkontrollierten Ölaustritt verhindert, ist für Inger Anda, Sprecherin der staatlichen Ölaufsichtsbehörde „Petroleumstilsynet“, eine „ernste und nicht wünschenswerte Situation“. In den letzten Tagen hatte Statoil versucht, große Mengen Bohrschlamm in das teilweise außer Kontrolle geratene Bohrloch zu drücken. Nach Presseinformationen soll dabei die ungewöhnlich große Menge von über 600 Kubikmetern des stark giftigen Bohrschlamms „verschwunden“ sein, ohne dass sich der Druck stabilisiert hätte. Deshalb will man das Bohrloch jetzt mit einem Zementpfropfen verschließen.

Ein derart instabiles Bohrloch hätte bereits längst aufgegeben und wieder verschlossen werden müssen, kritisiert „Bellona“. Die norwegische Umweltschutzorganisation wirft Statoil vor, Profitdenken über die Sicherheit zu stellen. „Bellona“ hat von Statoil weder dementierte noch bestätigte Informationen, wonach das Bohrgestänge im Meeresgrund im Kalkgestein festsitzt und nicht mehr hochgezogen werden kann. Das würde die Probleme verschärfen. „Die Situation ist außer Kontrolle“, sagt „Bellona“-Vorsitzender Fredric Hauge.

REINHARD WOLFF