Wo hört Unwetter auf, wo fängt Klima an?

DEFINITION Wissenschaftler wehren sich dagegen, jedes große Desaster mit dem Klimawandel zu erklären. Dagegen gelten Sturmfluten infolge erhöhten Meeresspiegels unzweifelhaft als Folgen des Klimas

Als Klima wird das durchschnittliche Wetter aus 30 Jahren definiert

WARSCHAU taz | Da waren sich der derzeitige Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und die Internetaktivisten von avaaz.org einmal einig: Der tödliche Taifung „Haiyan“ auf den Philippinen sei eine Folge des Klimawandels. Wissenschaftler sind sich da nicht so sicher: Das extrem warme Wasser vor der Küste sei eher naturbedingt so warm – und im Klimawandel erwarten die Forscher bei diesen Monsterstürmen eher „Scherwinde“, die die Stürme auseinanderziehen.

Was also ist ein Klimaschaden? Wer ist Klimaopfer? Diese Fragen müssten langfristig in einem Gremium debattiert werden. Dabei geht es nach Meinung von Experten aber eher darum, einen Rahmen für die Debatte zu schaffen, als Geldforderungen an die Industrieländer zu stellen.

Klimawissenschaftler wehren sich immer wieder dagegen, einzelne Extremwetter als Folgen des Klimawandels zu klassifizieren. Da Klima als durchschnittliches Wetter aus 30 Jahren definiert wird, ist ein einzelnes Hochwasser kaum verlässlich zuzuordnen. Allerdings haben einzelne Wissenschaftler diese Regel durchbrochen: Bei der Hitzewelle in Russland 2010 orteten sie ein Signal des Klimawandels ebenso wie beim Supersturm „Sandy“ an der US-Ostküste 2012.

Ziemlich sicher sind sich Forscher dagegen bei „slow onset“-Ereignissen, also den schleichenden Wirkungen des Klimawandels. Wenn der Meeresspiegel steigt, laufen Sturmfluten höher auf und bedrohen die Küsten wie etwa in Bangladesch. Salzwasser drückt ins Grundwasser und macht Trinkwasserreservoire unbrauchbar. Für Mohammed Shamsuddoha vom Center for Parcipitory Research and Development aus Dhaka zeigen sich die Schäden durch Stürme inzwischen vor allem bei Verlusten von Sachwerten. „Allein beim letzten großen Taifun waren es fast 2 Milliarden Dollar“, fast 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Philippinen rechnen damit, jedes Jahr 4 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukt durch Stürme zu verlieren.

Helfen könnten hier Versicherungen, die für Haushalte und öffentliche Infrastruktur die Policen verbilligen. Auch darüber wird seit Jahren gesprochen und Pilotversuche laufen. Für eine weltweite Abdeckung dieser Risiken schätzt die Versicherungsbranche ein Volumen von 10 Milliarden Dollar. Das wäre ein Zehntel der Summe, die die Industrieländer ab 2020 als Hilfen für die Entwicklungsländer zugesagt haben. BERNHARD PÖTTER