Kampf mit Klebern

VOLKSENTSCHEID Reformgegner überkleben Plakate der SchülerInnenkammer. Schulbau wird teurer. Deutscher Lehrerverband will Geld für Kitas statt für Schulreform

Die von der SPD geforderten kleinen Klassen brauchen bis zu 288 zusätzliche Räume

VON KAIJA KUTTER

In der Nacht zu gestern haben Reformgegner an der Mönckebergstraße und in Eimsbüttel Plakate des Jugendbündnisses für die Schulreform überklebt. Der Slogan: „Max. 23 Kinder pro Klasse! Ein guter Grund für die Schulreform“ wird dort mit dem Satz „‚Kleine Klassen‘ kommen sowieso“ kommentiert – und mit der Aufforderung, gegen die Reform zu stimmen.

„Das ist eine miese Art des Wahlkampfes“, sagt Patrick Fronczek, Sprecher des Bündnisses aus SchülerInnenkammer, DGB-Jugend und anderen. Auch inhaltlich sei der Slogan falsch: „Kommt die Primarschule nicht, bleibt es bei 28 Kindern pro 5. Klasse am Gymnasium“, sagt Fronczek. „Bei so vielen Plakaten sieht es nach einer organisierten Sache aus“, meint Frederic Rupprecht von der SchülerInnenkammer. Walter Scheuerl von der Initiative „Wir wollen lernen“ (WWL) distanziert sich: „Die Aufkleber kommen nicht von uns. Plakate zu überkleben, ist undemokratisch.“

Allerdings ist das Verhältnis zwischen der Schülerkammer und Scheuerl gespannt: Dieser hatte am Vortag in einer Pressemeldung die erwähnten Plakate mit der gleichen Argumentation wie auf den Klebern kritisiert. Außerdem forderte er von der Schulbehörde, den Schülern die für den 3. Juni geplante Demonstration während der Schulzeit zu untersagen. Was auch geschah.

Schwierigkeiten gab es auch mit einer Info-DVD zum Volksentscheid, die die Schülerkammer gestern in 5.000er Auflage an die Schulen verschickte. „Wir hatten Herrn Scheuerl aufgefordert sich zu beteiligen. Aber das kam leider nicht zustande“, sagt Fronczek. Statt persönlicher Statements zitiert nun eine Stimme aus dem Off die WWL-Positionen. Scheuerl sagte der taz, die Interviews seien aus „Termingründen“ nicht zustande gekommen. Er kenne das Endprodukt noch nicht. Sollte es „plumpe Manipulationen“ enthalten, werde er „vielleicht dagegen vorgehen“.

Indes steigen die Kosten der Schulreform weiter: Laut einem Schreiben der Bildungsbehörde an die Bürgerschaft sind für die von der SPD durchgesetzte Absenkung der Klassengröße von 25 auf 23 Kinder bis zu 288 zusätzliche Klassenräume nötig. „Kleine Klassen und moderne Pädagogik brauchen Platz“, sagt Behördensprecherin Brigitte Köhnlein. „Deshalb werden zusätzliche Räume gebraucht.“ Der genaue Bedarf sei noch nicht bekannt, weil die Reform schrittweise kommt und im Jahr 2011 auch Gymnasien noch fünfte Klassen aufnehmen.

Der konservative Deutsche Lehrerverband Hamburg (DLH) nannte die Kosten nicht verantwortbar und forderte, auf die Primarschule zu verzichten. Stattdessen sollten Kitas in sozialen Brennpunkten 20 Prozent mehr Personal bekommen, um die frühe Sprachförderung bei Migrantenkindern zu verbessern.

Bei Kita-Verbänden stößt das nicht auf Begeisterung. „Es ist richtig, die Standards in sozialen Brennpunkten zu verbessern“, sagt Michael Edele von der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände. Man sollte dies aber nicht „gegen die Schulreform ausspielen“.