Frauenmacht im Big Business

SCHNECKENTEMPO In den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen mit mindestens 2.000 MitarbeiterInnen sollen ab 2016 mindestens 30 Prozent Frauen vertreten sein – meinen CDU und SPD. Wem hilft die Quote? Und: Braucht es auch eine Männerquote?

LESERINNENBRIEFE
Ein kleiner Makel

■ betr.: „Männerquote, jetzt ganz legal“, taz vom 19. 11. 13

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit bewerbe ich mich bei allen deutschen Unternehmen und DAX-Konzernen um einen Sitz im Aufsichtsrat. Zusätzlich zu einem abgeschlossenen naturwissenschaftlichen Studium verfüge ich weder über eine entsprechende Erfahrung noch bringe ich besondere nachweisbare Qualifikationen mit. Damit erfülle ich in idealer Weise die Voraussetzungen, um dieses Amt in gebührender Weise auszufüllen.

Einen kleinen Makel möchte ich Ihnen allerdings nicht verschweigen: Ich bin eine Frau. Im Rahmen der nun bald geltenden 30-Prozent-Quote sehe ich hierin aber kein Hindernis. Im Gegenteil! Das Vorhandensein von Nichterfahrung und Nichtqualifikation wäre ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Geschlechterangleichung.

ANNETTE STANG,

Inning am Ammersee

Kampfverbände

■ betr.: „Männerquote, jetzt ganz legal“, taz vom 19. 11. 13

Zustimmung zum Artikel – und trotzdem: Es ist schon seltsam, wie unreflektiert die herrschenden Paradigmen übernommen werden.

Das „Stereotyp“ der fürsorgenden Frau wird offenbar als nicht geeignet für Führungspositionen angesehen. Denn: Unternehmen im Kapitalismus begreifen sich als hochgerüstete Kampfverbände, denen außer Geldvermehrung, Marktanteilen und Aktienkursen alles wurscht ist, was sie mit ihren Produkten und Produktionsmethoden sozial und ökologisch anrichten – und das ist nicht nur die „Wahrnehmung“ der männlichen „Elite“ (deren Qualifikation, wie Ines Kappert zu Recht anmerkt, offenbar ganz uninteressant ist. Was können die überhaupt außer Machtkämpfe austragen und Geld zählen?).

Wenn man also bedauert, dass „Macht und Geld“ Männersache bleiben sollen, impliziert man, dass diese Strukturen so bleiben. Da wir aber ganz andere Typen von Unternehmen und ein „Führungspersonal“ brauchen, das deren Ziele und Methoden (durchaus fürsorgend) an den Bedürfnissen der Gesellschaft und der Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen orientiert, transportiert auch Ines Kappert die bescheuerten Regeln dieser militanten, um jeden Preis Gewinn erzielenden Kampfverbände. Dass das Frauen nicht so stromlinienförmig mitmachen, erklärt unter anderem die Vorherrschaft der Männer in den oberen Etagen der Unternehmen. WOLFGANG NEEF, Berlin

Kompetenzfrei

■ betr.: „Die Frauenquote ist diskriminierend“, taz vom 19. 11. 13

Die Aussage der Unternehmerin Lencke Wischhusen „Frauen haben nun einmal die besten Schul- und Uniabschlüsse“ mag ja stimmen. Aber stimmt es auch, dass dies, neben fachlicher und sozialer Kompetenz, gute Eingangsvoraussetzungen sind für einen Sitz im Aufsichtsrat eines deutschen Unternehmens? Ein nicht ganz flüchtiger Blick in die personelle Besetzung so mancher deutscher Unternehmen lässt anderes vermuten. GERD WAHLENS, Marl

Überflüssige Quote

■ betr.: „Die Frauenquote ist diskrimnierend“, taz vom 19. 11. 13

Die Frauenquote ist sowohl diskriminierend als auch überflüssig. Schließlich gibt es auch keine Dunkelhäutigenquote oder eine Homosexuellenquote. Selbstbewusste und intelligente Frauen gehen ihren beruflichen Weg, ob mit oder ohne Frauenquote. JULIA ENGELS, Elsdorf

Seltsamer Hype

■ betr.: „Trippelschritt in die richtige Richtung“, taz vom 19. 11. 13

Frauenquote hin oder her, ich verstehe den Hype nicht, der darum gemacht wird. Insbesondere gerade in der taz. Ist es nicht für den Normalarbeitnehmer völlig gleichgültig, ob er von einem Mann oder einer Frau eingestellt oder wegrationalisiert wird? Die Diskussion ist absurd.

Um welche vielbeschworenen Fähigkeiten geht es eigentlich bei der Besetzung der Machtpositionen in der Wirtschaft? Erwartet man von Frauen an der Macht die größeren Profite oder einen sozialeren Kapitalismus? In derselben Ausgabe der taz („Europäische Topbankerin“) wird eine Frau portraitiert, die sich offensichtlich durch Abkassieren fetter Boni in der Krise den Titel „überbezahlteste Vorstandschefin“ redlich verdient hat. Alles bestens, oder? Hier ist doch der Gleichberechtigung Genüge getan. WOLFGANG RAPP, Bundenthal

Ausgewogenheit

■ betr.: „Männerquote, jetzt ganz legal“, taz.de vom 18. 11. 13

Es gibt schon eine Quote. Männer bekommen Leitungsposten leichter als Frauen, bei gleicher Qualifikation. Was spricht also gegen die Frauenquote? Es gibt übrigens bereits Männerquoten in frauendominierten Bereichen, wenn auch nicht gesetzlich festgelegt. Für Männer ist es wesentlich leichter, einen Arbeitsplatz als Grundschullehrer, Erzieher oder Krankenpfleger zu bekommen. Weil die Ausgewogenheit der Geschlechter immer von Vorteil ist. SUSANNA, taz.de

Null Qualifikation

■ betr.: „Männerquote, jetzt ganz legal“, taz.de vom 18. 11. 13

„Um in den Vorstand zu kommen, spielt die Qualifikation überhaupt keine Rolle.“ Um so verwunderlicher, dass da überhaupt noch Männer drin sind! ION, taz.de

Werktätige Frauen

■ betr.: „40 Prozent Frauen in Aufsichtsräten“, taz vom 20. 11. 13

Zur herrschenden Finanz- und Monopolbourgeoisie in der Europäischen Union und im Vorstand von deutschen Kapitalgesellschaften gehören auch Frauen (Springer, Mohn, Quandts). Die Bourgeoisie ist durchaus in der Lage, ihre „Gleichberechtigungs-“ und Emanzipationsfragen selbsttätig zu regeln. Hierfür brauchen sie ihre europäischen und deutschen SPD-CDU-Spezial- und Modifikationsdemokraten nicht. Für Millionen werktätige Frauen im europäischen Kapitalismus und Imperialismus stellen sich andere Fragen: die bürgerliche Gleichstellung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft; gleicher Lohn für gleiche Arbeit; auskömmliche gesetzliche Rentenansprüche ohne (religiös-staatliche) Prostitutions-Ehe und Unterhaltsabhängigkeit vom Mann. bürgerliche Emanzipation der Frau, taz. de

Goldene Röcke

■ betr.: „40 Prozent Frauen in Aufsichtsräten“, taz vom 20. 11. 13

Eigentlich hatten wir doch vor ein paar Jahren die Diskussion, dass in Aufsichtsräten zu viele Menschen sitzen, denen es erheblich an Kenntnissen mangelt, eine effektive Kontrolle der Geschäftsführungen zu bewerkstelligen, und somit schädliche Entscheidungen nicht erkannten. Unwichtig. In Norwegen wird schon von den „goldenen Röcken“ gesprochen. Dort gibt es eine solche Quote für Aufsichtsräte schon ein paar Jahre, Ergebnis: Alle Unternehmen erfüllen zwar die Quote, aber es kommen nur sehr wenige unterschiedliche Frauen in die Aufsichtsräte. Das führt dazu, dass einige wenige Damen Posten häufen. Das Gros der restliche Frauen ist ausgeschlossen. Teddyhamster, taz.de