Ein entspannter Pragmatiker ohne Ideologie

Tarek Al-Wazir erfuhr, wie tief der Graben zur CDU war. Er hat ihn übersprungen

Blonde Perücke, bunter Schal, farbenfrohes Kleid – zu Karneval 2013 verkleidete sich Tarek Al-Wazir, 42, als Claudia Roth. Damit zeigte der Mann, dessen Nachname mit „der Minister“ übersetzt werden kann, sowohl Humor als auch sein entspanntes Verhältnis zur Berliner Parteispitze.

Dort wird er schon seit Jahren als Hoffnungsträger gehandelt, obwohl – oder weil – er seine Partei durch insgesamt 14 Jahre der Opposition führte. Und das in einem Landtag, in dem mit harten Bandagen gekämpft wurde.

Landtagspräsident Norbert Kartmann (CDU) nannte ihn in Anspielung auf seinen jemenistischen Vater einmal „Kameltreiber“. Auf populistische Fremdenfeindlichkeit setzte noch Roland Koch, als er 2008 im Wahlkampf das Land mit dem Slogan „Ypsilanti, Al-Wazir und die Kommunisten stoppen“ plakatierte. Unbeirrt führte der Politologe seine Partei 2009 zum besten Landtagswahl-Ergebnis ihrer Geschichte (13,7 Prozent), und die Süddeutsche Zeitung titelte: „Der kann Kanzler“.

Aufgewachsen in Offenbach, wo er mit seiner Familie noch heute wohnt, liegt ihm angeblich nichts ferner als Berlin – und nichts näher als Hessen, das er als Wirtschaftsminister im grünen Sinne modernisieren will. Die Tatsache, dass er dies in einer CDU-geführten Regierung tun wird, spricht für seinen postideologischen Pragmatismus. Dass in kaum einem anderen Bundesland die Gräben zur CDU so tief waren wie in Hessen, das hat Al-Wazir am eigenen Leib erfahren müssen. Jetzt hat er sie übersprungen. ARNO FRANK