LESERINNENBRIEFE
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Schiefe Haushaltssicht

■ betr.: „Die Kollegen wären froh“, taz vom 25. 5. 10

An der Haushaltssicht der hessischen Wissenschaftsministerin ist allerhand schief:

1. „Im Vergleich zu anderen Ländern“ ist Hessen seit Jahrzehnten im Rückstand. „Alle anderen Programme“ bedeuten nur vorübergehendes Nachholen.

2. Im Hochschulpakt 2011–2015 werden nicht nur für die Jahre 2009 und 2010 per Saldo 30 Millionen Euro gemäß dem Steuervorbehalt im auslaufenden Pakt gestrichen. Der Betrag bleibt fünfmal aus.

3. Es scheint die jetzige „Grundfinanzierung die zweithöchste in der Geschichte Hessens“, weil die Regierung wegen der neuen Verwaltungssteuerung Zuschüsse aus dem allgemeinen Personal- und dem Bauhaushalt in den der Hochschulen umgebucht hat. Gleichzeitig hat der Finanzminister gekürzt – als angebliche Effizienzdividende.

4. Der Hochschulpakt 2020 des Bundes und der Länder erstattet den Hochschulen je Studienplatz bedeutend weniger als durchschnittlich im laufenden Haushalt als Kosten veranschlagt sind.

5. Mitnichten sind heute für dieselbe Zahl von Studierenden ca. 2.000 Mitarbeiter mehr zuständig. Vielmehr ist die Studentenzahl gewachsen. Und die teilzeitliche und prekäre Beschäftigung von Mitarbeitern. In einen solchen Vergleich gehören die Äquivalente der Vollarbeitsplätze!

6. „Freie Rücklagen von 212 Millionen Euro“ haben die Hochschulen für anstehenden Aufwand bei Bauten, Berufungen usw. bereits gebunden. Das haben sie der Ministerin mehrfach dargelegt.

7. Keineswegs wird finanziert, „was Studierende brauchen“. Vielmehr verschiebt die Ministerin im gekürzten Hochschulpakt jährlich 20 Millionen Euro aus dem Grundbudget in Forschungsanreize. Wer von außen einen Preis erhält, braucht nichts abzugeben, sondern bekommt Landesgeld hinzu.

8. Bei wachsender Studentenzahl und gedeckeltem statt bedarfsgerechtem Haushalt sinkt der bezahlbare Aufwand je Studienplatz. Wenn eine Hochschule stärker wächst als andere, gewinnt sie Geld zu deren Lasten. ULRICH HEINZ, Marburg an der Lahn

Da kriegen einige jetzt Schiss

■ betr.: „Der Plan ist hin“, taz vom 20. 5. 10

Nachdem sich die Politiker jahrelang davor gedrückt haben zu agieren, können sie jetzt nur noch reagieren – jeden Tag anders! Noch gestern traute Frau Merkel sich und ihren Bankenfreunden kein Vorpreschen in Sachen Finanzmarktregulierung zu, weil diese international nicht durchsetzbar sei; heute kann doch tatsächlich ihre BaFin über Nacht Leerverkäufe und andere spekulativen Gemeinheiten verbieten – ohne Parlament, ohne internationale Abstimmung! Da kriegen doch einige jetzt richtig Schiss. Endlich!

SABINE MIEHE, Marburg

Den alten Göttern abschwören

■ betr.: „Scheitern mit Ansage“, taz vom 22./23./24. 5. 10

Der Ritus des Abschwörens („Die DDR war ein Unrechtsstaat“) als Bedingung für Koalitionsgespräche erinnert mich an mittelalterliche Hexenprozesse: den alten Göttern abschwören, um sich den neuen unterwerfen zu dürfen. Die Menschen „drüben“ haben einen wichtigen Teil ihres Lebens in der DDR verbracht und verschiedene Erfahrungen gemacht. Das von deutschen antifaschistischen Emigranten unterstützte Regime muss gerade den Antifaschisten unter ihnen als ein hoffnungsvoller Anfang erschienen sein, an dem sie mitarbeiten wollten. Zwischen Mitarbeit, Anpassung und Widerstand hat es in der Folgezeit zahlreiche, vom westlichen Wohlstand beeinflusste Nuancen gegeben. Immerhin hat diese von verschiedenen Erfahrungen geleitete Bevölkerung die friedliche Revolution herbeigeführt, die das Ende der DDR bedeutete. RUTH REHMANN, Trostberg

Ratschlag an Matussek

■ betr.: „Unser Vietnam“, taz vom 27. 5. 10

Rudolf Walther setzt sich mit der Kriegsrhetorik auseinander und verweist zu Recht darauf, dass schon einmal von deutschen Politikern behauptet wurde, der Westen müsse seine Freiheit in Asien verteidigen. Dass Matthias Matussek vor Kurzem mit einem Kommentar im Spiegel versuchte, bei den Deutschen unter Verweis auf die Lehre vom „gerechten Krieg“ Kriegsbegeisterung zu entfachen, ist eine agitatorische Frechheit, mit der sich das Nachrichtenmagazin selbst diskreditiert hat. Bevor Matussek diesen unsäglichen Artikel publizierte, hatte er sich in einer Sendung von Anne Will als stockkonservativer Katholik geoutet. Da mit dem Rücktritt von Walter Mixa die Stelle des katholischen Militärbischofs frei geworden ist, habe ich Matussek aufgefordert, er möge sich umgehend für dieses Amt bewerben und dann auch gleich an die Front versetzen lassen, weil er bewiesen habe, dass er dafür der richtige Mann ist. Leider hat er meinen Ratschlag noch nicht befolgt. ERHARD JÖST, Heilbronn

Wieso die?

■ betr.: „Fiebern mit Lena“, taz vom 22./23./24. 5. 10

Die Seite 31 hatte es in sich: eine taz-Seite Lena Meyer-Landrut und die Eurovision. Es gibt doch so viele gestandene Frauen bei uns, die in allen Stilrichtungen von der Oper über Rock, Free Jazz bis zum HipHop so richtig singen können. Und viele von diesen Sängerinnen haben es seit Langem verdient, etwas populärer zu werden. Wieso die?

WOLFGANG SIEDLER, Langenhagen