Ärzte sollen teilen

Die Gesundheitsreform ist ein Hauptthema des Deutschen Ärztetags. Ministerin Ulla Schmidt wirbt für Umverteilung

BERLIN taz ■ Wenn der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg Dietrich Hoppe, meint, dass kein Thema die Menschen so elektrisiere wie Gesundheitspolitik, dann hat er gegenwärtig sogar Recht. Die deutsche Ärzteschaft tagt bis Freitag parallel zu den Streiks an den Unikliniken und vor der anstehenden Gesundheitsreform.

In ihren Reden zu Beginn der Veranstaltung zeigten Hoppe und seine politische Kombattantin Ulla Schmidt (SPD), wo sie in den nächsten Wochen hin wollen. Die Gesundheitsministerin mahnte einen sorgsamen Umgang mit dem Geld der Versicherten an. „Derzeit dreht sich alles um die Strukturveränderung“, berichtete sie aus den Gesprächen. Sie stützt sich dabei auf Expertisen ihres Beraters Karl Lauterbach, der Einsparreserven von 20 Milliarden Euro im Gesundheitssystem sieht.

Eine bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung stehe genauso zur Debatte wie Bürokratieabbau und eine Reform des Vergütungssystems, sagte Schmidt.

Die ersten beiden Punkte sind weitgehend unstrittig, heikler ist die Reform des Vergütungssystems. Derzeit werden die Leistungen der niedergelassenen Ärzte nach einem komplizierten Punktesystem honoriert. Das führt dazu, dass Ärzte in reichen Gegenden bevorzugt und ihre Kollegen in armen Landstrichen benachteiligt werden. Im ländlichen Brandenburg herrscht deshalb Ärztemangel, während sich die Praxen in München ballen. Schmidt sprach sich für eine transparente und leistungsgerechte Vergütung aus. Das hieße auch, dass das vorhandene Geld zugunsten von Ärzten in ländlichen Gebieten umverteilt wird.

Doch als Vertreter der Ärzteschaft, tat Hoppe die Untersuchungen Lauterbachs über Einsparpotenziale als „Schätzometrie“ ab. Stattdessen forderte er mehr Geld für das Gesundheitssystem und schlug gleichzeitig Leistungskürzungen vor: „Die Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherung sollten nur noch für Kernaufgaben ausgegeben werden.“ Das bedeutet, dass die Versicherten noch mehr Leistungen als bisher selbst bezahlen sollen. Die Abwanderung der Ärzte aus ländlichen Gebieten sollte nach Hoppes Vorstellungen durch finanzielle Anreize gestoppt werden.

Doch im Zuge der Gesundheitsreform würden wohl auch die Pfründen der Ärzteschaft angetastet werden, meint SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, der ebenfalls in Schmidts Reformrunde sitzt. „Die Bürger würden es nicht verstehen, wenn nur sie allein die Mehrbelastungen tragen.“ ANNA LEHMANN