Haustarif für Hamburgs Kliniken

Ärztegewerkschaft und Krankenhäuser einigen sich auf neue Arbeitszeitregelungen. Beide Seiten sehr zufrieden

Während der Tarifstreit um die Arbeitsbedingungen der bundesweit rund 22.000 ÄrztInnen an Universitätskliniken ausufert und die Mediziner ab Montag einzelne Krankenhäuser für ganze Wochen bestreiken, zeichnet sich in Hamburg eine Einigung ab. Die Ärztevereinigung „Marburger Bund“ und der Krankenhaus-Arbeitgeberverband Hamburg (KAH) haben Regelungen zur neuen Arbeitszeitgestaltung vereinbart. Stimmen die Vorstände beider Gremien zu, werden die rund 3.000 ÄrztInnen an Hamburger Kliniken künftig regulär 40 Stunden die Woche, einschließlich der Bereitschaftsdienste maximal 56 Stunden arbeiten.

Den Rahmen dafür haben die Verhandlungsführer schon Ende Dezember gesetzt. Nun aber wurden die Pläne in Vertragsform fixiert. Demnach wird die Grundarbeitszeit von 38,5 Stunden auf 40 Stunden angehoben, bei denen es aber nicht bleibt: Die Ärzte haben die Wahl, ob sie ihre Vollarbeitszeit direkt vertraglich auf 48 Stunden aufstocken oder eine Kombination aus Vollarbeitszeit und Bereitschaftsdiensten wählen – wie es auch jetzt schon Praxis ist. Während es für die Dienste in der Nacht und an den Wochenenden bislang weniger Geld gibt, werden sie in Zukunft voll entlohnt. Diese volle Entlohnung entspricht einer Jahre alten Forderung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH).

Erzielen die Verhandlungspartner nun auch noch Einigungen hinsichtlich Vergütung, Urlaubsansprüchen und Kündigungsregelungen, wird es in Hamburg einen spezifischen Tarifvertrag nur für Krankenhausärzte geben – ähnlich wie bei der Berliner Charité. Der Bundesvorsitzende des Marburger Bundes, Frank Ulrich Montgomery, bezeichnete das Hamburger Modell deshalb schon jetzt als „Durchbruch“. Konkrete Verhandlungsergebnisse über die Entlohnung stehen zwar noch aus. Laut Dieter Brenneis, Verhandlungsführer der KAH, ist aber bereits vereinbart, dass der Anstieg der regulären Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden nicht nur zu 100 Prozent, sondern zu 115 Prozent ausgeglichen wird. Nun müsse noch über „echte Leistungszulagen“ verhandelt werden.

Mit den Vereinbarungen zeigen sich beide Seiten sehr zufrieden. Die Ärzte, weil ihre maximale Arbeitszeit festgelegt ist. Und der KAH, weil die Vereinbarung für ihn billiger ist, als wenn er die Forderungen des EuGH tatsächlich wortgetreu umgesetzt hätte. Dann nämlich hätte kein Arzt länger als 48 Stunden arbeiten dürfen. Es hätte zu Neueinstellungen in großem Maße kommen müssen – das kostet.

Inzwischen verhandelt auch die Gewerkschaft ver.di mit dem KAH. Ver.di verlangt, dass die Hamburger Kliniken den allgemeinen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für ihre Häuser übernehmen. Um sich dem zu entziehen, waren die großen Hamburger Kliniken im Sommer vergangenen Jahres aus der Tarifgemeinschaft ausgetreten und hatten den KAH gegründet.Elke Spanner