Von Frauenservern und Fassbierkühlung

Landesrechnungshöfe rüffeln in dicken Berichten alljährlich Nachlässigkeiten im Umgang mit öffentlichen Geldern. Es geht um zu wenig Sparen, fehlende Ausschreibungen oder Schludrigkeiten der Verwaltung – aber wen juckt das noch?

Wer kontrolliert eigentlich die Kontrolleure? Wie in jedem Jahr nicken die Haushälter die Mahnungen der Landesrechnungshöfe als „alte Hüte“ ab: Entweder sind die Missstände längst abgestellt oder die Forderungen gelten als politisch undurchsetzbar.

Auch in Niedersachsen traut sich niemand, die Kassenprüfer anzugehen, weil sie unabhängig von Regierung und Parlament sind. Klartext: Auch der 228 Seiten dicke Jahresbericht des niedersächsischen Landesrechnungshofs (LRH) dürfte in vielen Amtsstuben bald im Altpapier verschwinden. „Das Reformtempo ist viel zu gering“, sagte die LRH-Präsidentin Martha Jansen am Mittwoch dennoch mit pastoraler Verve. Die niedersächsische Landesregierung habe im vergangenen Jahr weniger gespart als zuvor.

Immerhin präsentierte sie auch dieses Jahr wieder etliche Schludrigkeiten und grobe Fouls der öffentlichen Hand, die den Steuerzahler einen hohen zweistelligen Millionenbetrag kosteten. Allein wegen organisatorischer Mängel in der Finanzverwaltung wären viele Großbetriebe nicht geprüft worden, sagte Jansen. Verlust für den Fiskus: 37 Millionen Euro.

Ebenso moniert der LRH ein „Abonnement“ des Kampfmittelbeseitigungsdienstes der einstigen Bezirksregierung Hannover. Ohne Ausschreibung hätten die Bombenentschärfer jahrelang Aufträge in Höhe von jährlich 500.000 Euro stets an dieselbe Firma vergeben. Auch die fehlende Ausschreibung für 1.200 PCs und Drucker im Wert von zwei Millionen Euro an der Medizinischen Hochschule Hannover findet im Bericht Berücksichtigung: Die freihändige Vergabe habe dazu geführt, dass ein Unternehmen zum „Hauslieferanten“ der MHH geworden sei.

Außerdem ist der „Frauenserver“ des Landes dem LRH ein Dorn im Auge. 70.000 Euro koste das Portal, das „Frauen für die Nutzung des Internets“ gewinnen soll. Allerdings finden die Prüfer das Angebot des Servers „recht dürftig“, Google sei da viel besser. „Frauenrelevante Themen, Termine und Adressen“, so der Bericht, seien mit „gängigen Suchmaschinen viel schneller und treffsicherer zu finden als mit dem Frauenserver“.

Schön auch die Geschichte von der Theke mit Fassbierkühlung und der „Durchschubspülmaschine“, die das Land mit Geldern der Jugendarbeit unterstützte. Insgesamt 155.000 Euro hatte eine Gemeinde für ein angebliches Jugendzentrum ergaunert, stattdessen aber für eine Schützenhalle mit Getränke-Equipment verwendet.

Auch dass es in Niedersachsen zwei Landesfeuerwehrschulen gibt, hält der Rechnungshof für übertrieben. Wenn man die Schule in Loy bei Oldenburg schließe, ließen sich 10,6 Millionen Euro für Umbauten sparen.

Pflichtgemäß werteten Opposition und Regierung den Bericht zu ihren Gunsten aus. Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) sagte, er könne „gut“ mit dem Papierberg leben. Der Rechnungshof verkenne schlicht, dass die Sparbemühungen des Landes „dauerhaft waren“. SPD und Grüne sprachen von einem „schlechten Zeugnis“ und einer „dicken Backpfeife“ für die Landesregierung. Kai Schöneberg