Bye-bye Börse!

Mit einem Finanzkraftakt sondergleichen kauft sich Bertelsmann die Anteile seines Minderheitseigners GBL für 4,5 Milliarden Euro zurück

Von Steffen Grimberg

Schon im Interview mit der Wirtschaftswoche hatte sich Liz Mohn „eher entspannt“ gezeigt, seit gestern ist die Kuh vom Eis: Ein Börsengang findet nicht statt. „In freundschaftlichen Gesprächen“ haben sich die Bertelsmann-Eignerfamilie Mohn, der Vorstand der Bertelsmann AG und die Groupe Bruxelles Lambert (GBL) „darauf geeinigt, dass Bertelsmann die von der GBL gehaltene Beteiligung zurückerwirbt“, teilte der einst aus einem Kleinverlag für fromme Bücher entstandene Konzern am Himmelfahrtstag mit.

Für die 25,1 Prozent, die GBL-Eigner Albert Frère an der AG hält, zahlen die Mohns satte 4,5 Milliarden Euro. Damit liegt die Summe verdächtig nahe an Fères Maximalforderung von 5 Milliarden Euro, unabhängige Quellen hatten den Wert des Anteilspakets auf 3 bis maximal 4 Milliarden Euro geschätzt. Doch um den von den Mohns mit alttestamentarischem Eifer gefürchteten Börsengang zu verhindern, war offenbar jeder Aufschlag akzeptabel – was eher für eiskalten Verhandlungszock als „freundschaftliche Gespräche“ spricht. Aber Letztere passen nun einmal besser zur Bertelsmann-Philosophie als gemeinwohlorientiertes Wohlfühlunternehmen.

Der Rückkauf der Anteile soll laut Konzernmitteilung zum 1. Juli erfolgen, er wird mit einem Zwischenkredit mehrerer Banken finanziert – 4,5 Milliarden Euro bezahlt auch Deutschlands größter Medienkonzern (Umsatz 2005: 17,9 Milliarden Euro, Konzerngewinn 1,04 Milliarden Euro) nicht eben mal so. Doch der Kredit soll schon in rasant kurzer Zeit – „in den nächsten 12 bis 18 Monaten“ – deutlich zurückgeführt werden. Durch „hohe Mittelfreisetzung aus dem laufenden Geschäft“ und Verkäufe. Fest steht, dass sich Bertelsmann vom Musikverlag BMG Publishing, einem der größten der Welt, trennen wird. Dass sich der Konzern auch aus dem Musik-Joint-Venture SonyBMG zurückzieht, wurde gestern dagegen dementiert.

Passend zum Feiertag zeigte sich Liz Mohn gestern bester Laune: „Ich freue mich über den Rückkauf“, ließ die seit dem weitgehenden Rückzug ihres 85-jährigen Gatten Reinhard vom Alltagsgeschäft starke Frau bei Bertelsmann mitteilen. Nun sei die „Unabhängigkeit und die langfristige und nachhaltige Ausrichtung“ des Konzerns auf „unsere partnerschaftliche Unternehmenskultur“ gesichert.

Anders formuliert: Aus einem der zehn größten Medienkonzerne der Welt ein „normales“ börsennotiertes Unternehmen zu machen und so auch den deutschen Medienmarkt grundlegend zu verändern, wird nichts. Bertelsmann bleibt ein Familienunternehmen unter Alleinkontrolle der Mohns und der von ihnen dominierten Bertelsmann-Stiftung.

Dabei soll es vehemente Unterstützer von Albert Frères Börsenkurs sogar direkt im AG-Vorstand gegeben haben, hieß es immer wieder in Insiderkreisen. Manch hoher Bertelsmann-Manager soll geradezu inständig darauf gehofft haben – um durch einen „echten“ Aufsichtsrat endlich ein Korrektiv zu den manchmal irritierenden Vorgaben von Liz Mohn zu haben.

Doch jetzt äußerte sich auch Vorstandschef Gunther Thielen im Sinne des Mohn’schen Familienglücks. Auch der Kaufpreis sei angesichts des für 2006 zu erwartenden Rekordergebnisses kein Problem, sondern durchaus angemessen, sagte Thielen gestern nach Agenturberichten: „Wir waren ganz gut beraten, ganz schnell zu kaufen. Billiger wird’s bestimmt nicht mehr.“