ZAHNLOS IM BURGER KING
: Frittierfett

„Na, ich hab mir doch neulich den Zahn gezogen“

Der Boden klebt. Der Tisch auch. Burger King am Leopoldplatz. Das Frittierfett zieht aus der Küche zu den Kunden rüber. Kinder brüllen nach mehr, Mütter schütteln die Köpfe. Die elektrischen Schiebetüren sind permanent geöffnet. Es muss schnell gehen. Rein, raus, rein, raus.

„Nancy, dein Burger“, sagt eine Frau und schiebt ihrer Freundin die platte Fleischbulette hin. Gemeinsam sitzen sie am Fenster. Das Mädel, das offenbar Nancy heißt, sagt: „Fünf-und-drei-ßig Jahre. 35 Jahre lang hab ich mit Drogen zu tun gehabt. Siehste mir aber gar nicht an.“ Sie streckt ihre Brust raus, reckt das Kinn empor und nickt, bevor sie den Hamburger in den fast zahnlosen Mund steckt. „Nö, siehst echt gut aus“, murmelt ihre Freundin, ohne den Blick von dem Nokia Handy zu lassen. Nancy kneift die Augen zusammen und schaut aus dem Fenster auf den U-Bahneingang.

Ihre Sneakers leuchten im Neonlicht. Hastig tippt sie damit gegen das Metallbein des Tisches. Sie sieht – mit den zum Pferdeschwanz gebundenen Haaren, Leggins und schwarz-weißer Collegejacke – von hinten ein bisschen wie ein Teenager aus. Mit der Papierserviette wischt Nancy Kreise vor sich auf den roten Plastiktisch. „Ey, ich hab’ diesen Monat 25 Kilos verloren. Na, ich war doch vorher auf hundert Kilo. Aber jetzt habe ich wieder ’ne echte Top-Figur“, sagt sie. Dabei pickt sie kleine Stücke aus dem Burger, schiebt sie zwischen die Backen und kaut. Doch irgendwie klappt es nicht so mit dem Essen. „Aua!“ Nancys Freundin sieht von ihrem Handy auf und hebt fragend die Augenbrauen. „Na, ich hab mir doch neulich den Zahn gezogen.“ Nancys Freundin nickt. „Hier an der Seite“, sagt Nancy und reibt mit ihrem Zeigefinger kleine Kreise in die Stelle der Backe, wo jetzt der Zahn fehlt. „Das ging auch ganz gut. Nur vorne die Dinger sind fies!“ Nancys Freundin nickt. Sie senkt den Blick auf ihr Handy.

DANICA BENSMAIL