Laster statt Blumenbeet

Der Landesbetrieb „pflegen & wohnen“ will in einer Altenanlage einen Garten durch einen Wendehammer ersetzen. Die Bewohner, die es sich hier im Sommer gemütlich machen, wehren sich

von Gernot Knödler

Es ist eine Idylle in der Idylle. Mitten in Altona-Nord liegt eine Altenwohnanlage des städtischen Unternehmens „pflegen & wohnen“ (p&w) aus Einzelhäusern mit Beeten und Grünanlagen drumherum. Einen verödeten Teil hat die Bewohnerin Armgard Alio zu einem Gärtchen hergerichtet – zur Freude ihrer Mitbewohner, die sich im Sommer hier verlustieren. Doch die Idylle ist bedroht: p&w will anstelle des Gärtchens einen Wendehammer bauen. Die Anwohner protestieren.

Die Wohnanlage an der Thadenstraße besteht aus einem großen aber stark gegliederten Gebäude für die Pflegefälle und kleinen Häusern unterschiedlichen Alters für das Betreute Wohnen. Vor den Häusern sind Beete mit Blumen und Büschen angelegt, dazwischen kleine Parks. Es gibt ein Café, ein Gewächshaus und diverse Reha-Angebote für die Bewohner. Für den allgemeinen Autoverkehr ist die Anlage gesperrt, wer rein will, muss eine Schranke passieren. Fußgänger können die Straße durch die Anlage aber frei benutzen. Sie dient vielen als Abkürzung und macht die Anlage so zu einem Teil des Quartiers.

Vor dem Gewächshaus an der Grenze zwischen dem Pflegebereich und dem Betreuten Wohnen legte Armgard Alio ein großes Blumenbeet an. „Ich sammle Salbei-Arten“, sagt die Rentnerin. Sie hat Enzian-, Purpur- und Ananassalbei gepflanzt, aber auch Kornblumen und Rosen. Ein Mäuerchen aus Bruchsteinen trennt das Beet von dem Weg ab. Eine rollstuhlbreite Spur hat Alio frei gelassen, so dass Besucher ihre greisen Verwandten am Beet entlang fahren können. „Hier ist mal was zum Gucken“, sagt Frau Alio. Das gilt auch für die Nachbarn: „Viele haben keinen Balkon“, sagt die Bewohnerin Irmgard Witt. „Die freuen sich an dem Garten.“

Nebenan, auf einer Wiese, treffen sich die Alten zum Kaffeetrinken und Spielen. Hier können sie sich unter Büschen und Pflaumenbäumen entspannen und den Vögeln lauschen. Selbst Mönchsgrasmücke, Zilp–zalp und Zaunkönig sollen hier schon gehört worden sein.

Vor einigen Wochen eröffnete die Leiterin der Anlage den Bewohnern, dass Garten und Gewächshaus dem Wendehammer weichen sollen. „Wir kämpfen jetzt um unsere grüne Oase“, sagt Alio. 23 Senioren haben an die Fraktionen der Bürgerschaft und der Altonaer Bezirksversammlung geschrieben – mit der Bitte, den Garten zu erhalten.

Die Pläne für den Wendehammer hängen mit dem vorgesehenen Verkauf des Bereichs Pflege zusammen, wie p&w-Mitarbeiter Thomas Flotow erläutert. Die Grundstücke des Pflegeheims und des Betreuten Wohnens müssten eventuell getrennt werden. „Wenn es zu einer Trennung der Liegenschaften kommt, werden wir bestimmte Dinge auf dem Grundstück des Pflegeheims realisieren müssen“, sagt Flotow. Dazu gehöre eine Wende-Möglichkeit für Lastwagen, die die Küche beliefern und die heute auf dem Gelände des Betreuten Wohnens umdrehen.

Beide Grundstücke müssten ohne Benutzung des Nachbargrundstückes befahren werden können, sagt Flotow. „Es geht darum, Belastungen für andere von vornherein zu vermeiden.“ Der Käufer soll nicht auf das Wohlwollen seines Nachbarn angewiesen sein.

Die Grundstücke durch einen Zaun zu trennen, sei aber nicht geplant. „Wir gehen davon aus, dass man weiterhin übers Gelände gehen kann“, sagt Flotow. Viele Kinder benutzten die Straße durch das Gelände als Schulweg. Sie würden gefährdet, wenn ein Laster mehr als 100 Meter rückwärts fahren müsste, um vom Grundstück zu kommen. Durch das Gelände hindurch zu fahren, wäre auch gefährlich: Der Weg führt an der Schule vorbei.