Papst verkündet „Freude des Evangeliums“

VATIKAN In seinem ersten apostolischen Lehrschreiben postuliert Franziskus eine radikale Neuausrichtung der Kirche im 21. Jahrhundert. „Ich wünsche mir eine arme Kirche für die Armen“, sagt der Pontifex

ROM dpa | Papst Franziskus hat in einem Lehrschreiben „Evangelii Gaudium“ zu weitreichenden Reformen und einer radikalen Öffnung der katholischen Kirche aufgerufen. In dem rund 200 Seiten langen Text fordert der Pontifex die Kirche auf, „neue Wege“ und „kreative Methoden“ zu wählen. Das herrschende Wirtschaftssystem nennt er „in der Wurzel ungerecht“. In seiner „Regierungserklärung“ bekräftigt er zugleich die Position der Kirche zur Abtreibung und den Ausschluss von Frauen vom Priesteramt.

Mit starken Worten fordert der Papst eine Hinwendung der Kirche zu den sozialen Problemen der Welt: „Mir ist eine ‚verbeulte‘ Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist, lieber, als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist.“

Franziskus versucht zugleich Kontinuität zu seinem Vorgänger Benedikt XVI. zu demonstrieren und zitiert Joseph Ratzinger mit den Worten: Die größte Gefahr sei der „graue Pragmatismus des kirchlichen Alltags, bei dem scheinbar alles mit rechten Dingen zugeht, in Wirklichkeit aber der Glaube verbraucht wird und ins Schäbige absinkt“.

Der argentinische Papst unterstreicht die Notwendigkeit, die Verantwortung der Laien für die Kirche zu stärken. Teils durch „ausufernden Klerikalismus“ spielten die Laien nicht die Rolle, die sie spielen sollten. Auch müssten die „Räume für eine wirksamere weibliche Gegenwart in der Kirche noch erweitert werden“.

Die Armen seien für die Kirche zuerst eine theologische Kategorie, dann erst eine soziologische oder politische, schrieb Franziskus weiter. „Aus diesem Grund wünsche ich mir eine arme Kirche für die Armen.“

Die Kirche werde ihre Einstellung in der Frage der Abtreibung nicht ändern, stellte der Papst klar. Der Schutz des ungeborenen Lebens sei keine Frage der Modernität. Wahr sei aber auch, „dass wir wenig getan haben, um die Frauen angemessen zu begleiten, die sich in sehr schweren Situationen befinden“.