urdrü wahre kolumne
: Da war doch mal was!

An Himmelfahrt taumelt eine Handvoll Fünfzehnjähriger mit aknebedeckten Gesichtern durch mein niedersächsisches Heimatstädtchen, mit Bollerwagen und offenbar Vatertag spielend. In der freien Hand schwenkt der Anführer eine Pulle Tequila und über dem Leib spannt sich das Trikot der Fußballnationalmannschaft. Siege werden sie so nicht erringen. Und insgesamt sowieso kein schöner Anblick!

Hamburgs Wirtschaftssenator Gunnar Uldall hätte es als kosmopolitischer Liberalinski zu gern gesehen, wenn zur Weltmeisterschaft die VerkäuferInnen ihre Feldbetten zwischen Blousons, Sakkos und Scannerkassen aufgebaut hätten, um seinesgleichen zum Niedriglohn rund um die Uhr zu bedienen. Doch selbst die Schweinepriester des Kaufhausmanagements machen das nicht mit, weil sie eben nicht nur wie Uldall Menschen quälen wollen, sondern vom Umsatz auch noch Gewinn kreieren müssen, was so ein Klugschieter natürlich nicht nötig hat. Jetzt zeigt er sich in der Welt schwer enttäuscht, „wenn in der City schon um 20 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden“. Solchen Urbanitätsaposteln empfehle ich, mal eine Nacht am verklebten Resopaltisch des Elbschlosskellers zu verbringen. Mit Service rund um die Uhr.

Mit großer Mehrheit haben die Volksgenossen des niedersächsischen Landtags beschlossen, die Kurdin Selima Kasim aus Westerstede mit ihren acht ausschließlich deutschsprechenden Kindern nach Syrien zu deportieren, wo der gewalttätige Vater schon auf die Familienzusammenführung wartet. Ein Volk, das von solch empathielosen Masken vertreten wird, soll sich bitteschön nie auf seine Unschuld berufen, wenn die Urlaubsplanung mal wieder durch unberechenbare Drittweltler durcheinander gebracht wird!

Bitte bitte keine Häme, wenn so ein schleswig-holsteinischer Justizstaatssekretär mal eben 17.000 Euro in der Steuerklärung vergisst. Sowas passiert uns kleinen Messies doch alle Jahre wieder und macht den Peter Nissen so richtig zum Menschen wie du und ich. Nur dass er die Knete für eine Schlichtung bekommen hat, leuchtet mir nicht ganz ein. Wenn sich meine Kumpels beim Boulen in die Wolle kriegen, schlichte ich den Streit jedenfalls immer kostenlos oder lasse mir gerade mal ein Schaumburger Landbier ausgeben …

Für die norddeutsche Fun-Fraktion werden derzeit in Bispingen und Wittenburg gleich zwei „Snow Domes“ gebaut und natürlich wissen wir, dass Babylon fallen muss: Der Versuch des Menschlings, dem lieben Gott ins Handwerk zu pfuschen, wird zwar ohnehin mit dem Bankrott bestraft, aber leider gehört zur Folge solcher Hybris, dass beim landesüblichen Zusammenbruch der darüber gewölbten Zeltdächer unschuldige Säuglinge zertrümmert und zur Begleitung zwangsverpflichtete Dackel verschüttet werden. Schade, dass wir barfüßige Propheten immer bestätigt werden – das macht uns so unfehlbar, dass wir schon beim Frühstück den bewährten Reimbolzen Eugen Roth zitieren: „Wir sehen mit Grauen ringsherum: Die Leute werden alt und dumm. Nur wir allein im weiten Kreise / wir bleiben jung und werden weise.“

Am kommenden Freitag jährt sich zum 39. Mal der Tag, an dem dieser Staat seinen Menschen durch die öffentliche Erschießung des Studenten Benno Ohnesorg aus Hannover zeigte, dass er nicht nur für Bafög und Krankenversicherung zuständig ist, sondern auch Herrschaft über Leben und Tod beansprucht. Da muss was in Bewegung bleiben, erinnert sich und dichUlrich „Schaumkuss“ Reineking