Zum Beißen nicht geschaffen

betr.: „Menschen jagen mit Mercedes“, taz vom 20. 5. 06Der Artikel von Hannes Koch geht leider von den falschen Voraussetzungen aus, zumindest soweit es den Global Compact der Vereinten Nationen betrifft. Natürlich kann man unserer Initiative Zahnlosigkeit vorwerfen, wenn man glaubt, dass sie zum Beißen geschaffen wurde. Aber der Global Compact ist weder Aufsichtsbehörde noch Verhaltenskodex. Er war vielmehr von Beginn an als freiwillige Dialog- und Lernplattform konzipiert, die Unternehmen einen universell gültigen Werterahmen bietet, an dem sie ihre Aktivitäten ausrichten können. Unsere Initiative setzt auf konstruktive wie pragmatische Problemlösungen, nicht auf Konfrontation und Sanktion.

Es trifft sicherlich zu, dass der Global Compact nicht geeignet ist, regulative Lücken zu schließen. Doch das wahre Problem liegt nicht im Mangel an gesetzlichen Regelwerken weltweit, sondern vielmehr im Versagen von Regierungen, wenn es darum geht, bestehende Gesetze anzuwenden. So hat zum Beispiel eine Vielzahl von Staaten die ILO-Erklärung über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit unterzeichnet und ratifiziert und die nationale Gesetzgebung daran angepasst. Doch oft bleibt die arbeitsrechtliche Realität unverändert – aus Mangel an Umsetzungskapazitäten, aufgrund systemischer Korruption oder auch weil schlichtweg der politische Wille fehlt.

Unter solchen Bedingungen spielen ausländische Unternehmen – aus Deutschland wie auch aus vielen anderen Industrienationen – eine zentrale und meist sehr positive Rolle. Denn sie agieren oft auf der Grundlage von Umwelt- und Sozialstandards, die wesentlich höher sind als jene, die in Entwicklungs- und Schwellenländern verlangt oder durchgesetzt werden. Den von Ihnen beschriebenen Fällen, mit deren Details wir nicht vertraut sind, können wir eine ganze Fülle von Beispielen vorbildlichen unternehmerischen Engagements entgegensetzen – Engagement, das nicht nur Arbeitsplätze schafft, sondern effektiv Armut bekämpft, Lebensbedingungen verbessert und im Ganzen einen starken Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leistet.

Natürlich bleibt noch einiges zu tun auf dem Weg zu einer gerechteren globalen Wirtschaft. Aber der Global Compact hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass man auch ohne Zähne kräftig zupacken kann.

Georg Kell, Executive Director United Nations Global Compact