„Typisch für Bremerhaven“

BRUTPLÄTZE Der Oberbürgermeister verkauft heute Teile eines Landschaftsschutzgebietes an Ikea

■ ist Forstwirt und Geschäftsführer des Bremer Nabu (Naturschutzbund Deutschland).

taz: Herr Hofmann, heute unterschreiben der Bremerhavener Oberbürgermeister und Ikea einen Kaufvertrag. Dann darf Ikea in einem Landschaftsschutzgebiet eine Filiale bauen.

Sönke Hofmann: Ja, Hurra! Und vier Tage später haben wir einen Termin in Bremerhaven, um über den Naturschutz zu verhandeln.

Erst der Vertrag, dann die Verhandlung?

So ist es. Das ist ein ziemlich unfreundlicher Akt, aber typisch für die Unzuverlässigkeit der Seestadt Bremerhaven. Die kümmert sich einen Scheißdreck um die Naturschutzverbände. Das hat sich auch mit der Übernahme der Stadtregierung durch Rotgrün inhaltlich nicht verändert, höchstens vom Tonfall her.

Sie fordern, die verbleibenden Flächen der Röhrichtniederung einer Naturschutz-Stiftung zu überschreiben, damit die in Zukunft nicht ebenfalls bebaut werden können.

Das ist eine Option unter mehreren. Wir müssen ja irgendwie auf die Erfahrung reagieren, dass der Status eines Landschaftsschutz-Gebietes nicht ausreicht, um solche Projekt zu verhindern. Das jetzt zur Bebauung vorgesehene Gebiet war ja ursprünglich auch eine Ausgleichsfläche, damals für den Neubau der B 71.

Der Bund für Umwelt und Natur (BUND) zieht in dieser Frage aber nicht mit Ihnen an einem Strang.

Leider nicht. Ikea hat signalisiert, eine Million Euro für den Erwerb neuer Ausgleichsflächen zur Verfügung stellen zu wollen. Und die will der BUND lieber langfristig in die Bezahlung eines Biologen investieren, der sich um die Flächen kümmert. Wir halten es für wichtiger, deren Bebauung dauerhaft zu verhindern. Und das geht am sichersten, indem man sie erwirbt.

Daran beteiligt sich Ikea?

Das haben sie gesagt – zumal sie es selbst gut fänden, keine Nachbarn und etwaige Konkurrenten vor die Nase gesetzt zu bekommen. In Gegensatz zur Stadt Bremerhaven hat sich Ikea immer darum bemüht, mit uns über solche Fragen zu sprechen und uns mit ins Bott zu holen. Natürlich aus werbetechnischen Gründen – aber immerhin.

Derzeit gehören die Flächen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima). Ist das ein Problem?

Ja. Erstens, weil sich die Bima nicht ausreichend um die immer trockener werdenden Flächen und Brutgebiete kümmert, und zweitens, weil sie unverschämte 1,50 Euro pro Quadratmeter als Kaufpreis will. Bei einer Gesamtfläche von 131 Hektar wird es da selbst mit der Ikea-Million eng.

Wie gehen Sie nun am Montag in die Verhandlungen?

Mit einem weiteren Knick in der Vertrauensbasis.INTERVIEW: HENNING BLEYL

Vertragsunterzeichnung: 13.30 Uhr, Stadthaus 1, Zimmer 130