Vorfahrt für Metropolen

Quakenbrück, Bremerhaven, Oldenburg: Die Basketball-Bundesliga spielt zur Hälfte in kleinen Städten. Weil das den Durchbruch der Sportart behindere, dürfen sich Großstadtclubs nun einkaufen

Von Christian Jakob

Jan Pommer ist ein Mensch, der Geld dafür bekommt, Optimismus zu verbreiten. Der 34-jährige Marketingfachmann aus Köln ist Geschäftsführer der ersten Basketball-Bundesliga (BBL). Wenn er seines Amtes waltet, dann klingt das so: „Die Marktforschung hat bestätigt, dass es Millionen von Basketball-Interessierten in Deutschland gibt. Die müssen wir Stück für Stück einfangen und für diese dynamische Sportart begeistern.“

Aber Pommer hat ein Problem. Seit bald vier Jahren ist seine Liga ohne Sponsor. 2003 kündigte der Textilhersteller „S. Oliver“ seinen Vertrag mit der BBL. Die TV-Präsenz der Sportart ist dürftig. Basketball-Sendungen von DSF und Sat 1 waren Quotenflops. Nun überträgt Premiere die Spiele der BBL – in nicht einmal jeden zehnten TV-Haushalt. Und nun meldete auch noch die Ligazeitschrift Konkurs an.

Für den mäßigen Erfolg der Sportart wird immer wieder eine Art demographischer Faktor verantwortlich gemacht: Gut die Hälfte der 16 BBL-Teams stammt aus Städten mit weniger als 200.000 Einwohnern. Dabei sind die kleinen Städte sportlich ausgesprochen erfolgreich. Am vergangenen Dienstag unterlag Bremerhaven im Halbfinale der Play-Offs zwar Berlin mit 82:95, landete aber auf dem vierten Tabellenplatz, direkt gefolgt von der niedersächsischen Kleinstadt Quakenbrück.

Es ist kein Umfeld, in dem die Weltkonzerne um Sponsorenverträge Schlange stehen. Der Tabellenerste Alba Berlin wird von einem Müllentsorger finanziert, den letztjährigen Meister Bamberg unterhält ein Call-Center. Pommers Lösung des Problems heißt „Wildcard“: Gegen eine Zahlung von je 100.000 Euro erhalten ab der nächsten Saison zwei Vereine unter Umgehung des sportlichen Wettbewerbes Aufnahme in die BBL. Eine Aufstockung der Liga von 16 auf 18 Vereine macht es möglich.

Sorge, das sportliche Niveau und damit die viel beschworene Attraktivität könnten sinken, weil unterqualifizierte Mannschaften in die Liga kommen, hat Pommer nicht. „Mit intelligenter und nachhaltiger Organisation“ lässt sich die Erstligafähigkeit rechtzeitig zum Saisonbeginn herstellen, erklärt er. Warum diese Fähigkeiten nicht bereits zu einem regulären Aufstieg führten, bleibt offen. Ein Gremium aus Vertretern des DBB und der BBL-Mannschaften soll die sportliche Kompatibilität der Quereinsteiger garantieren.

Gedacht waren die „Wildcards“ vor allem für Hamburg und München. Die Großstädte verfügen über 10.000-Plätze-Hallen und spielen derzeit in der dritten Liga. Beworben haben sich beide nicht. In Hamburg scheiterte die Sponsorensuche an den Erblasten unrühmlicher Club-Pleiten aus den Vorjahren. Und in München hatte der FC Bayern kein großes Interesse, sich selber mit einer anderen Sportart Konkurrenz zu machen. Die Wildcards nehmen nun die beiden Absteiger Nürnberg und Braunschweig in Anspruch. Beides keine Wunschkandidaten der Liga-Strategen. „Felsenfest überzeugt“ ist Pommer denn auch, dass es „nur eine Frage der Zeit“ ist bis Hamburg, München und andere große Städte „überzeugende Konzepte“ vorlegen.

Werden die Kleinen trotz adäquater sportlicher Leistungen ausgeschlossen, wenn die Metropolen mit den Sponsorenverträgen winken? „Ganz so leicht wird man es sich nicht machen,“ sagt Pommer. Quakenbrück sei ein „fantastischer Verein“, von dem er sich wünscht, „dass er noch ganz lange dabei bleibt“. Und wie leicht wird man es sich machen? „Sollte es dazu kommen“, sagt Pommer, würde es „sicherlich einen Bestandsschutz“ für die kleinen Städte geben. Für „mindestens fünf Jahre“.

Das Problem könnte auch durch die Hintertür gelöst werden. Seit einiger Zeit wird diskutiert, eine Hallenkapazität von 5.000 Zuschauern für alle Erstligavereine verbindlich vorzuschreiben. Pommer will das nicht so konkret verstanden wissen. „Darüber gibt es verschiedene Ansichten.“ Dennoch: Eine Erhöhung der Sitzplatzanforderungen könnte manchem Provinz-Verein den Garaus machen. Pläne, die BBL in eine geschlossene Liga nach dem Vorbild der amerikanischen NBA zu überführen, weist Pommer noch zurück. Dies würde der “deutschen Sportkultur nicht gerecht“, erklärt er, zudem „glaube ich fest an den sportlichen Austausch“.