15 Minuten zweifelhafter Ruhm

betr.: „H & M enteignen?“ – „Gerne!“, Interview mit Lucy Redler, taz vom 27./28. 5. 06

Eine ganze Seite spekulativer Unsinn. Das kann sehr unterhaltsam und interessant sein, wenn die Spekulationen zu neuen, originellen Ideen führen. Lucy Redler beglückt uns aber mit den alten Ideen der Enteignung, der 30-Stunden-Woche und anderem Abgestandenem. Wie das funktionieren soll, weiß sie offensichtlich nicht. Astrid Geisler und Stefan Kuzmany interessieren sich auch nicht genug für wirtschaftliche Themen, um ernsthafte Nachfragen zu stellen.

So wird nicht einmal andiskutiert, dass sich Redlers Vorstellungen des Sozialismus in einer extrem abgeschlossenen, nationalistischen Wirtschaft münden. Wie sollen in dieser wohl die Löhne gezahlt oder die Arbeitsbedingungen geschaffen werden, in der wir dann als gut gelaunte VerkäuferInnen arbeiten?

Wie man unter solchen Bedingungen über internationale Unternehmen wie H & M oder McDonald’s reden kann, wird das Geheimnis der drei Gesprächspartner bleiben – wer noch Interesse daran haben könnte, im Sozialismus nach Art der WASG Arbeit, Wissen oder Geld zu investieren ebenfalls.

Fazit: Lucy Redler sonnt sich jetzt für 15 Minuten in ihrem zweifelhaften Ruhm, danach verschwindet sie wieder von der politischen Bühne. Schön wäre nur, wenn sie den politischen Untoten Lafontaine gleich mit in die Kulissen nehmen könnte. Wichtige Fragen danach wie Chancengleichheit, eine gerechtere Verteilung der erarbeiten Erträge und ein selbstbestimmtes Leben in einer Gesellschaft, die ohne Wirtschaft nicht funktionieren kann, erreicht werden können, werden weder gestellt noch beantwortet.

STEFFEN WAGNER, BERLIN