„Beunruhigende Tendenzen“

DISKUSSION Transparency Deutschland, Politiker und Wirtschaftsvertreter diskutieren über Lobbyismus

■ 31, hat VWL und European Studies studiert und ist Referentin bei Transparency International Deutschland e.V.

taz: Frau Bauch, leben wir in einer Lobbykratie?

Ricarda Bauch: Wir leben in einer Demokratie und Lobbyarbeit ist natürlich erst mal ein legitimer und elementarer Bestandteil davon. Es muss jedoch klar sein, wer welche Interessen vertritt, sonst besteht die Gefahr von illegitimer Beeinflussung.

Und das passiert gerade?

Es gibt beunruhigende Tendenzen, wie zum Beispiel die zunehmende Auslagerung von Gesetzesentwürfen an externe Berater. Wenn Rechtsanwaltskanzleien Gesetzesentwürfe verfassen, bewegen sie sich schnell in einem Spannungsfeld, weil sie im Zweifel die Interessen derer vertreten, die von den Gesetzen betroffen sein werden, die sie entwerfen.

Es geht also nicht nur um Geld?

Das Bild von Lobbyisten, die sich im Hinterzimmer bei Champagner treffen, um schwarze Geldkoffer auszutauschen, trifft das Problem nicht. Wo undurchsichtige Strukturen ermöglichen, Einfluss auf politische Entscheidungen auszuüben, herrschen ganz unterschiedliche Abhängigkeitsverhältnisse. Politik muss unabhängig bleiben, um einen Interessensausgleich herzustellen. Das betrifft auch die Frage, ob andere gesellschaftliche Institutionen wie Medien oder auch zivilgesellschaftliche Gruppen unabhängig sind.

Wer sind denn die größten Lobbyisten?

Es geht uns gar nicht so sehr um Einzelfälle. Kritisch sind zum Beispiel die aktuellen Verquickungen mit der Automobilbranche. Die Parteispenden von BMW-Großaktionären sind dabei aber nur die Spitze des Eisbergs und Teil eines strukturellen Problems.

Sind Parteispenden denn grundsätzlich falsch?

Nein, natürlich nicht. Sie müssen aber transparent sein und auf 50.000 Euro pro Jahr und Verband oder Unternehmen gedeckelt werden.INTERVIEW: JAN-PAUL KOOPMANN

19.30 Uhr, Bürgerhaus Weserterrassen