Schöner chillen mit Frau Herrmann

CANNABIS Berliner Grüne wollen in Kreuzberg den bundesweit ersten Coffeeshop eröffnen

BERLIN taz | Geht es nach den Grünen, dann macht in Berlin-Kreuzberg bald der bundesweit erste Coffeeshop auf. Am Mittwochabend beschloss das Bezirksparlament in Friedrichshain-Kreuzberg, ein „Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabis“ zu beantragen.

Zunächst soll ein runder Tisch mit Anwohnern und Initiativen aus der Drogenhilfe ins Leben gerufen werden. Läuft alles nach Plan, kann Mitte 2014 ein Antrag beim zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gestellt werden, schätzt der Fraktionssprecher der Grünen im Bezirk, Jonas Schemmel.

Hintergrund sind Diskussionen über die steigende Zahl von Dealern im Görlitzer Park in Kreuzberg. Dass hier Gras und Haschisch verkauft wird, hat Tradition. In den vergangenen Monaten nahm die Zahl der Drogenhändler aber deutlich zu. An jedem Eingang des Parks stehen inzwischen bis zu 20 Verkäufer. Die meisten von ihnen sind afrikanische Flüchtlinge.

Anwohner beschwerten sich: Der Park gehöre nicht mehr ihnen. Sie wollten nicht immer durch ein Spalier von Drogenverkäufern laufen. Auch regelmäßige Razzien der Polizei brachten keine Veränderung: Die Dealer tragen meist nur die Menge an Stoff bei sich, die für den Eigenkonsum noch erlaubt ist, und verstecken den Rest.

Zur Entspannung der Lage brachten die Grünen einen Coffeeshop ins Gespräch. Um die Tatsache, dass es eine Nachfrage nach Cannabis gebe, komme man nicht herum, sagt Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann. „Wenn wir garantieren wollen, dass Cannabis nicht an unter 18-Jährige verkauft wird und die Qualität okay ist, müssen wir das unter Kontrolle bekommen“, sagt sie. Der Bezirk setzt bei seiner Strategie auf einen Paragrafen im Betäubungsmittelgesetz. Darin heißt es: Eine Erlaubnis zum Drogenverkauf „kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen“. Das Institut untersteht dem Gesundheitsministerium. Ob eine Erlaubnis erteilt wird, ist letztlich eine politische Entscheidung.

Den bisher einzigen Antrag auf einen Coffeeshop stellte übrigens Schleswig-Holstein im Jahr 1997. Das Ergebnis verkündete damals Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) persönlich: Abgelehnt.

ANTJE LANG-LENDORFF