Mit Biosprit auf Kollisionskurs

Der Widerstand gegen die geplante Besteuerung von Benzin und Diesel aus Pflanzen wächst. Mittlerweile ist die Hälfte der SPD-Politiker im Bundestag dagegen, die Unionsfraktion lehnt ebenfalls ab. Heute wird nach einem Kompromiss gesucht

AUS BERLINULRIKE HERRMANN

Langsam wird die Zeit knapp: Ab August soll Biosprit besteuert werden – doch noch immer ist nicht klar, ob das Gesetz rechtzeitig verabschiedet wird. Denn viele Abgeordnete in den Regierungsfraktionen lehnen die Steuerpläne von SPD-Finanzminister Peer Steinbrück ab. Heute treffen sich die Finanzpolitiker von Union und SPD, um nach Kompromissen zu suchen. Am Mittwoch berät dann der Finanzausschuss im Bundestag.

Es geht um viel Geld: Bis 2009 soll die Steuer auf Biosprit insgesamt 5,6 Milliarden Euro bringen. Also wird hektisch verhandelt. „Es gibt einen Kompromiss“, sagte der SPD-Finanzpolitiker Reinhard Schultz gestern zur taz. Er gehört zu Steinbrücks Unterstützern. „Aber den Inhalt der Absprachen verrate ich nicht.“ Erst wolle er die heutige Runde der Finanzexperten abwarten.

„Ich weiß von keinem Kompromiss“, erklärte hingegen SPD-Energieexperte Hermann Scheer der taz. Er hat den Widerstand gegen die Steuerpläne organisiert. Allerdings nimmt er an, dass „momentan sehr viele bilaterale Gespräche geführt werden“.

Das Streitthema: Biodiesel soll ab August mit 10 Cent pro Liter besteuert werden, Pflanzenöl mit 15 Cent. Ab 2010 soll dann der reguläre Steuersatz gelten, der für fossilen Diesel momentan bei 47 Cent liegt. Denn die Regierung will langfristig nicht mehr die reinen Biokraftstoffe fördern. Stattdessen soll der normale Kraftstoff ab 2007 Biosprit enthalten – 4,4 Prozent bei Diesel, 2 Prozent bei Benzin.

Gegen diese Pläne regt sich in der SPD massiver Widerstand. 124 von 222 Abgeordneten verlangen mit einem Gruppenantrag, dass Biosprit steuerbegünstigt bleibt – auch über 2009 hinaus. Die Union hat sich ebenfalls formiert: Vergangenen Mittwoch beschloss die Fraktion, dass reines Pflanzenöl gänzlich steuerfrei bleiben soll. Auch über die Steuersätze für Biodiesel will man neu verhandeln.

Viel Spielraum bleibt den rebellierenden Abgeordneten allerdings nicht: Unionsfraktionsführer Kauder hat bereits erkennen lassen, dass er an der Koalitionsvereinbarung festhält, wonach die Biosprit-Steuer 5,6 Milliarden Euro bringen soll. „Dieses Volumen muss gehalten werden“, fordert auch Schultz.

Schon ist absehbar, dass die Mineralölkonzerne die neue Steuer für beigemischten Bio-Sprit an ihre Kunden weiterreichen werden. Kauder rechnet damit, dass ein Liter Benzin oder Diesel etwa 2 bis 2,5 Cent teurer wird. Scheer fordert daher eine „rigide staatliche Kontrolle“, um „beliebige Preiserhöhungen“ der Ölkonzerne zu verhindern. Schultz hat für diesen Vorschlag nur Spott übrig: „Die Grundrechenarten und das Grundgesetz sollte man als Abgeordneter ruhig beherrschen.“ Der Staat könne Konzernen nicht untersagen, erhöhte Steuern auf die Preise aufzuschlagen.

Schultz hat bereits ausgerechnet, wie viel Zeit dem Finanzausschuss noch bleibt, um sich zu einigen. Falls das Gesetz tatsächlich ab August gelten soll, „können wir uns nur noch einmal vertagen“. Auf Mitte Juni.