Des Senators neue Heimat

Ex-Justizsenator Roger Kusch präsentiert das Grundsatzprogramm seiner Partei „Heimat Hamburg“ – und offenbart dabei unfreiwilligerweise, wie tief er inzwischen gesunken ist

von ELKE SPANNER

Es mufft. Der schwere, grobgemusterte Teppich dünstet den Staub vergangener Jahrzehnte aus. Auch die samtbezogenen Stühle waren in einer Epoche modern, in der man sich noch über Theo Lingen als Hotelportier belustigte. Nicht mal die Kronleuchter geben der Veranstaltung Glanz, betonen nur die kleinbürgerliche Tristesse. Roger Kusch wähnt sich auf dem Weg nach oben, doch die Bestandsaufnahme ergibt: So tief unten wie im Moment war der Mann noch nie. Die erste öffentliche Präsentation seiner neuen Partei „Heimat Hamburg“ hatte er Anfang Mai noch im noblen Ambiente eines Luxushotels inszeniert. Die zweite, gestern, symbolisierte schon über die Wahl des Raumes in einem drittklassigen Hotel den Abstieg. Im „Reichshof“ präsentierte der Mann, der bis Mitte April noch Justizsenator war, „Heimat Hamburg“ – programmatisch immerhin war dieser Ort mit Bedacht gewählt.

Roger Kusch aber nahm an der Stirnseite des schlauchförmigen Raumes unter einem Kronleuchter Platz und verkündete, dass seine Partei seit der Gründung enormen Zulauf habe: Um 50 Prozent sei die Zahl der Mitglieder im vergangenen Monat angestiegen. Das heißt: 15 Menschen gehören seiner Polittruppe inzwischen an. Dass die Zahl nicht wirklich atemberaubend ist, erklärte der Ex-Senator mit einem strengen Auswahlverfahren: Wer Mitglied bei „HHeimat“ werden will, wie die Partei nun in der Kurzfassung heißt, muss mit mindestens einem Vorstandsmitglied bekannt sein und dafür ein Aufnahmegespräch absolvieren. „Damit wollen wir diejenigen fernhalten, die rechts mit rechtsradikal verwechseln“, erklärte Kusch. Auf Nachfrage räumte er allerdings ein, dass noch kein Anwärter abgewiesen wurde – mehr als 15 Mitgliedsanträge gab es also nicht.

Dennoch blickte er mit Optimismus nach vorne, behauptete Kusch. Bei den Bürgerschaftswahlen im Jahr 2008 will er ins Parlament einziehen. Nein, Sponsorengelder habe er noch keine, „kein vernünftiger Kaufmann würde uns jetzt schon mit finanziellen Mitteln für einen Wahlkampf ausstatten, der erst 2007 eröffnet wird“. Und natürlich gebe es auch noch „kein Regierungsprogramm“, allenfalls programmatische Grundsätze, die in 15 Punkten zusammengefasst sind. In jedem Punkt ist von Heimat die Rede – derart gehäuft findet sich dieser Begriff sonst nur in Pamphleten von Vertriebenenverbänden. Kusch will „Politik für die Heimat“ machen. Arbeitsplätze „geben Heimat“. Er will eine „Heimat ohne Drogen“ und eine „Heimat im natürlichen Umfeld“. Unter diesen Punkt ist der Ausbau Hamburgs zur „autofreundlichen Stadt“ gefasst, in der es keine „Gebührenschinderei durch Abschleppen“ geben dürfe. Schulpolitik solle sich am Leistungsgedanken orientieren, universitäre Bildung im Dienst der Allgemeinheit stehen. Das heißt: In Fächern, für die es keinen Arbeitsmarkt gibt, sollten die Studiengebühren die Kosten decken. Für eine „Heimat mit Hund“ ist Kusch ebenfalls. Als der frühere Senator diesen Punkt ansprach, lächelten seine Beisitzer etwas verkrampft.

Fünf Mitglieder hat der Vorstand. Dafür, dass sich „HHeimat“ so offenkundig einer Klientel anbiedert, die man sonst nur in Vertriebenenverbänden findet, sind diese verblüffend jung: Drei der fünf Vorstände sind nicht einmal 30 Jahre alt. Tapfer beteuerten auch sie gestern in die Kameras, fest an den bevorstehenden Wahlerfolg zu glauben. „Wir sind eine gute Truppe“. Bei der es wohl auch bleiben wird. „Weitere Posten“, so Kusch, „haben wir nicht zu vergeben.“