„Viele werden nie gelesen“

GESCHENKE „Büchertisch“ in der Handwerkskammer diskutiert über Buch-Neuerscheinungen

■ 69, Autor und Vorsitzender der Hamburger Autorenvereinigung, hat den „Büchertisch“ vor zehn Jahren ins Leben gerufen.

taz: Herr Leineweber, werden zu Weihnachten andere Bücher verschenkt als zu Ostern?

Gino Leineweber: Nein, aber Weihnachten ist eine Gelegenheit, Bücher vorzustellen, die man verschenken kann. Wir gehen natürlich – augenzwinkernd – davon aus, dass man zunächst Bücher der Mitglieder unserer Autorenvereinigung verschenkt. Aber es kann ja mal sein, dass jemand die schon alle hat – und deshalb stellen wir beim heutigen „Büchertisch“ Werke anderer Autoren vor.

Aus wie vielen Büchern wählen Sie aus?

Die wähle ja nicht ich aus, sondern Annemarie Stoltenberg und Rainer Moritz. Sie teilen mir im Herbst die sechs Titel mit, für die sie sich entschieden haben, damit ich sie auch lesen kann. Das tue ich, und beim „Büchertisch“ diskutieren wir darüber.

Was passiert, wenn Ihnen die Bücher nicht gefallen?

Dann streiten wir.

Wie ist denn Ihr eigenes Verhalten beim Bücher-Verschenken: egozentrisch oder pädagogisch?

Ich verschenke nur, was mir gefällt.

Eventuell gefällt das dem anderen aber nicht.

Das kann passieren, ja. Das ist Geschmackssache.

Prüfen Sie später, ob ihr Geschenk gelesen worden ist?

Wenn ich meine eigenen Bücher verschenke, frage ich nicht. Denn da hat der andere ja nur die Chance zu sagen: Fand ich toll. Wenn ich Bücher anderer Autoren verschenke, spricht man schon darüber.

Was meinen Sie: Wie viele verschenkte Bücher werden nie gelesen?

Ich denke, eine ganze Menge. Oft verschenken Leute Bücher aus den Charts, die sie nicht gelesen haben. Wenn man aber von jemandem – wie unserem „Büchertisch“ – gesagt bekommt, wovon ein Buch handelt, was daran gut oder schwierig ist, kann man besser urteilen.

Sie wollen die Leute zum qualifizierten Schenken befähigen.

Ja.

Warum sollte man überhaupt Bücher kaufen, statt sie in der Bücherei zu leihen?

Weil manche Menschen der altmodischen Angewohnheit anhängen, dass sie Bücher gern zu Hause haben. Ich bin so einer. Wenn ich meine Bücher um mich herum habe, sie noch mal in die Hand nehmen kann, fühle ich mich wohl.  INTERVIEW: PS

„Büchertisch“ mit Annemarie Stoltenberg (NDR) und Rainer Moritz (Literaturhaus Hamburg), moderiert von Gino Leineweber: 19.30 Uhr, Handwerkskammer, Holstenwall 12