Freezers mal keine „Miesers“

EISHOCKEY Ein weiterer Sieg, diesmal gegen Mannheim, unterstreicht’s: Hamburgs derzeit erfolgreichste Mannschaft hat Kufen an den Füßen. So recht verstehen kann das nicht mal der Trainer

Zurzeit sind fast alle Spieler einsatzfähig. Nur Mathieu Roy fehlt wegen Jochbeinbruchs

Schlimmer hätte alles kaum beginnen können. Da hatten sich die Verantwortlichen der Hamburg Freezers ein weiteres Mal zum Ziel gesetzt, in der neuen Saison der Deutschen Eishockey Liga (DEL) von Anfang an in der Spitzengruppe mitzumischen, um sich für den großen Sehnsuchtstitel Meisterschaft in Position zu bringen – und dann ein solcher Start in die Serie. Nach sieben Spieltagen standen die „Kühlschränke“ im Keller der Tabelle. Die Ausbeute von kümmerlichen drei Punkten dürfte bei so manchem Freezers-Fans für Befürchtungen gesorgt haben, dass es eine ganz trostlose Saison werden könnte.

Und es schien nur noch eine Frage der Zeit, bis die Boulvardzeitungen der Stadt ihre Wut und Enttäuschung wieder in Verballhornungen des Klubnamens kanalisieren würden. In früheren Jahren waren aus den Freezers schon mal die „Krisers“ oder – ganz vernichtend gemeint – die „Miesers“ geworden. Doch dieses Mal kam es anders. Das Team lebte plötzlich auf. Es schien, als habe da im dunklen Keller der Liga jemand die Steckdose gefunden.

Plötzlich lief es. Zunächst ging es in Wellen nach oben – eigenen Siegen folgten Niederlagen. Mit dem 20. Oktober, dem 3:2 gegen die Straubing Tigers, aber brachen für die Freezers-Fans traumhafte Wochen an. Die Freezers wurden mit Siegen in Serie zur Mannschaft der Saison in der Liga und in der Stadt Hamburg.

Während die Fußballprofis des HSV in der Bundesligatabelle im unteren Mittelfeld herumdümpeln, der FC St. Pauli in der 2. Bundesliga nicht über das Verfolgerfeld hinauskommt und der HSV Handball schon eine große Enttäuschung, das Ausscheiden im DHB-Pokal, hat hinnehmen müssen, flitzen die Freezers von Erfolg zu Erfolg.

Für die gefühlte Nummer vier unter den großen Profiklubs der Stadt ist das eine ungewohnte, schöne Erfahrung. Mit der sensationellen Bilanz von elf Siegen aus zwölf Spielen ging das Team von Freezers-Coach Benoît Laporte gestern in das Heimspiel gegen die Adler Mannheim – und erzielten mit einem 3:2 ein weiteres erfreuliches Ergebnis.

Der 52 Jahre alte Kanadier Laporte, der noch Anfang Oktober um seinen Jobs hatte zittern müssen, ist selbst erstaunt über die Entwicklung. „Das Selbstvertrauen, mit dem wir momentan auftreten, ist unglaublich. Ich bin stolz darauf, wie das Team gekämpft hat“, sagte Laporte nach dem 5:2 gegen den Tabellenführer Kölner Haie am Freitagabend.

Mit der Genesung zahlreicher Rekonvaleszenten wie Torhüter Dimitrij Kotschnew oder Kapitän Christoph Schubert ergibt sich nun eine ganz neue Qualität im Kader. Zurzeit sind nahezu alle Spieler einsatzfähig. Nur Mathieu Roy fehlt noch wegen eines Jochbeinbruchs.

Und auch die Fans haben mittlerweile erkannt, dass bei den Freezers in dieser Saison sehr viel mehr möglich ist, als es der Start hatte vermuten lassen. Gegen Köln kamen erstmals in der laufenden Spielzeit mehr als 9.000 Zuschauer. Die Freezers sind auf einem guten Weg, die 10.000er-Schallmauer bald zu durchbrechen. CHRISTIAN GÖRTZEN