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: Die Null steht auf der falschen Seite

FUSSBALL Hertha BSC schießt im dritten Heimspiel in Folge kein Tor. Dem Team fehlt ein Spieler, der ein Spiel alleine entscheiden kann

Man könnte ja meinen, den Weg ins Stadion anzutreten habe sich am Samstag nicht im Geringsten gelohnt. Bei dem Ergebnis, schon wieder. Dazu bei dieser Witterung, nasskalt, Nieselregen. Am Ende stand es wie beim Anpfiff: 0:0. Der Fußballfan fragt nach solchen Spielen in der Regel, welcher Sorte denn dieses Unentschieden war – so wie der Weinexperte wissen will, welchen Jahrgang seines bevorzugten Merlots er da vor sich hat. Es war weder ein 0:0 der guten, noch eins der üblen Sorte – es war eines der erkenntnisreichen. Oder, um im Weinbild zu bleiben: halbtrocken, leicht würzig, bitter im Abgang.

Bitter deshalb, weil Hertha im dritten Heimspiel in Folge auch gegen den FC Augsburg ohne Torerfolg geblieben ist. Nach einer über weite Strecken überlegen gestalteten Partie – auch dies zum dritten Mal in Serie – standen die Berliner ohne Sieg da. Immerhin erlangte man einen Punkt, den Trainer Jos Luhukay auch mit aller Bescheidenheit als Erfolg bezeichnete: „Man muss auch mit kleinen Dingen zufrieden sein. Wir haben uns weiter weg von den Abstiegsrängen bewegt“, sagte er.

Dabei dürfte auch er gesehen haben, dass sich bei der Hertha langsam ein Problem mit der Chancenverwertung einstellt. Wenn man gegen einen dicht verteidigenden Gegner wie Augsburg zu Großchancen kommt, muss man sie in Liga eins konsequent nutzen – so wie es zuletzt in aller Regelmäßigkeit die Gegner im Olympiastadion taten. Änis Ben-Hatira (18.), Marcel Ndjeng (37.) und Adrian Ramos (55.) blieben aber erfolglos. Neun zu zwei Torschüsse im Vergleich zu den Gästen und auch 60 Prozent Ballbesitz auf Hertha-Seite halfen da wenig weiter.

Der letzte Wille fehlt

Hertha hatte einen ähnlich agierenden, wenn auch defensiveren Gegner vor sich – Systemfußball und kollektives Arbeiten hüben wie drüben. Der letzte Wille war gegen die unangenehm zu spielenden und gut verschiebenden Augsburger bei der Hertha nicht zu sehen. Die Elf in Blau-Weiß ackerte diszipliniert, zu mehr war sie an diesem Tag nicht imstande.

Nicht zuletzt könnte die Stärke Herthas zugleich zur Schwäche werden: Das Team arbeitet prächtig zusammen, viele Spieler sind unter Luhukay flexibel einsetzbar. Als Sebastian Langkamp nach 20 Minuten verletzt ausschied, ging Mittelfeldspieler Hajime Hosogai etwa in die Innenverteidigung. Peter Niemeyer kam rein und rückte auf dessen Sechser-Position. Sämtliche Spieler wirken unter Luhukay, der diesmal 4-1-4-1 spielte, sicher und ins System integriert. In einem solchen Spiel kann aber auch mal die Extraklasse eines Einzelnen entscheiden. Den hat Luhukay derzeit nicht, von Ramos in Einzelfällen abgesehen. Ronny, herausragender Techniker mit eingebauter Torgefahr im Fuß, wäre noch einer – der aber ist immer noch nicht in adäquatem Fitnesszustand.

So steht Hertha nun nach der Nullnummer, die 38.667 Zuschauer verfolgten, mit 19 Punkten auf einem immer noch sehr guten siebten Rang. Vier Punkte hinter den Europa-League-Rängen, elf Punkte vor dem Relegationsrang 16.

In den Spielen in Braunschweig und gegen Werder Bremen – die nächste Mannschaft auf Augenhöhe, die am 13. Dezember ins Olympiastadion kommt – sollte man das Problem mit der Chancenverwertung in den Griff bekommen. Oder, besser noch, man erarbeitet sich wieder mehr Gelegenheiten.

Andernfalls werden die ersten Beobachter darauf verweisen, dass man in der Abstiegssaison vor zwei Jahren zum gleichen Zeitpunkt der Saison mit einer vergleichbaren Punkteausbeute dastand. Die aktuelle, völlig intakte Mannschaft hätte derartiges Gerede schlicht nicht verdient. Sie könnte ihm auch ganz einfach vorbeugen: mit Toren. JUT