Ein Aufstand für Europa

UKRAINE Mehrere hunderttausend Menschen demonstrieren in Kiew gegen die Regierung und ihren Anti-EU-Kurs. Zahlreiche Teilnehmer und Polizisten werden verletzt

KIEW dpa/rtr/taz | Auf der größten Demonstration in der Ukraine seit der Orange Revolution vor neun Jahren haben am Sonntag rund 350.000 Menschen den Rücktritt von Präsident Wiktor Janukowitsch gefordert. Der regierungskritische Fernsehsender 5. Kanal sprach gar von rund 700.000 Demonstranten. Der Protestzug verwandelte das Zentrum Kiews in ein Fahnenmeer in den Farben Blau und Gold, die sowohl die Ukraine als auch die Europäische Union (EU) symbolisieren. In Kiew und Umgebung leben rund 4 Millionen Menschen.

Weil er unter dem Druck Russlands ein über mehrere Jahre ausgehandeltes EU-Assoziierungs- und Handelsabkommen doch nicht unterzeichnete, hat Janukowitsch den Zorn vieler Ukrainer auf sich gezogen. Der Oppositionspolitiker Vitali Klitschko warf der Regierung vor, die Ideale des Landes verraten zu haben. Die Demonstranten riefen in Sprechchören immer wieder „Revolution“ und schwenkten EU-Fahnen als Forderung für einen Westkurs ihres Landes. Auch in anderen Städten des Landes gab es Proteste.

Im Zentrum Kiews blieb es weitgehend friedlich. Allerdings kam es im nahen Regierungsviertel zu massiven Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und zumeist jungen Menschen. Dabei wurden nach offiziellen Angaben etwa 100 Polizisten verletzt. Auch mehrere Demonstranten mussten behandelt werden, nachdem die Sicherheitskräfte massiv Tränengas eingesetzt hatten. Am Rande der Kundgebung versuchten Demonstranten, mit einem Schaufelbagger die Polizeiabsperrungen vor Janukowitschs Verwaltungssitz zu durchbrechen.

Unter den Demonstranten waren auch Anhänger der rechtsextremen „Freiheitspartei“. Sie drangen in das Rathaus ein. Ihr Vorsitzender Oleh Tyahniboh rief: „Unsere Jungs haben das Rathaus in Kiew übernommen!“ Auch die Freiheitspartei lehnt eine stärkere Anbindung der Ukraine an Russland strikt ab.

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