Nicht verpassen!
: Erbschäden

„Leo“, 20.15 Uhr, ARD

Hochzeiten und Todesfälle. Zu anderen Anlässen – das ist ein Gesetz schwarzer Familienkomödien – kriegt man einen zerstrittenen Clan einfach nicht zusammen an den Tisch. Die Eheschließungen sind bei den Dargatz bereits durch: Die eine Schwester (Gisela Schneeberger) hat sich an den erfolglosen Werkstattbesitzer des Dorfs verschenkt, die andere verschrieb sich nach der Geburt ihres Sohns der Primatenforschung in Afrika. Der eine Bruder (August Zirner) arbeitet als Chefarzt die Kosten seiner Scheidung ab, der andere schnorrt und kifft sich als ewiger Single durchs Leben. Wenn die vier nun gemeinsam auf dem heimatlichen Hof zusammentreffen, muss also jemand gestorben sein.

Tatsächlich hat Mutter Christa nach dem Füttern ihrer beiden Gänse das Zeitliche gesegnet. Die Kinder wollen das Erbe möglichst ebenso schnell untereinander aufteilen, wie man das Lieblingsgeflügel der Alten zum Leichenschmaus angerichtet hat. Wegen eines Flughafenbaus wird das Grundstück bald 6 Millionen Euro wert sein. Unangenehm, dass Oma alles Dorfkaplan Leo (Matthias Brandt) vermacht hat. Der hadert zwar mit seinem Glauben generell und der Idee der Auferstehung ganz speziell, will mit dem vielen Geld aber arme Indianer am Amazonas unterstützen.

Regisseurin Vivian Naefe, die in ihren früheren TV-Filmen („Verrückt ist auch normal“) gelegentlich den psychologischen Feinschliff zugunsten brachialer Skurrilitäten vernachlässigte, versucht in „Leo“ erst gar nicht das Hauen und Stechen als präzise Familienanalyse in Szene zu setzen. Hier wird mit schwerem Geschütz aufeinander geschossen, und das sehr zur Erheiterung des Publikums. Selbst die inzestuöse Verstrickung gegen Ende sorgt keineswegs für wohligen Schauder oder psychopathologische Fundierung des Geschehens.

„Leo“ ist eine Groteske, die nicht nur aufgrund der hochtourigen Blasmusik an die hysterischen Sippenbilder des Bosniers Emir Kusturicas erinnert. Der Abgrund ist hier von Anfang an geöffnet; es geht nur noch darum, wie die Figuren kreischen und kraxeln, um sich wieder herauszubringen. Und da hält die Geschichte (Buch: Gerlinde Wolf) tatsächlich ein paar tolle Wendungen parat, die selbst Agnostiker und zweifelnde Gottesmänner dazu zwingen, an die Auferstehung zu glauben. CBU