Der Kommandant

Bei den Aktivisten der „International Solidarity Movement“ gilt er als der „Schlächter von Gaza“. Die propalästinensischen Demonstranten empfingen Israels Stabschef Gabi Aschkenasi in schwarzer Kleidung und klagten ihn der Kriegsverbrechen an, als er vor gut einem Jahr nach Washington reiste, nur wenige Wochen nach dem Krieg im Gazastreifen, der 1.400 Palästinensern das Leben kostete.

Mit der blutigen Kommandoaktion, bei der die israelische Marine diese Woche mindestens neun zumeist türkische Zivilisten tötete, bläst dem stillen Mitfünfziger erneut kalter Wind ins Gesicht. Aschkenasi pries zwar die Elitesoldaten, die sich strikt an ihre Befehle gehalten hätten, räumte jedoch ein, dass man die Situation falsch eingeschätzt habe. So seien die Soldaten nicht richtig für die Auflösung der Menschenmenge ausgerüstet gewesen.

Die politische Entscheidung für den Einsatz lag hingegen in den Händen von Aschkenasis Vorgesetztem, Verteidigungsminister Ehud Barak. Dass er der Mächtigere ist, signalisierte er nicht zuletzt mit der Ankündigung, Aschkenasis Amtszeit, die im kommenden Februar ausläuft, nicht zu verlängern, wie es allgemein erwartet worden war.

Ganz anders als sein Vorgänger, Dan Halutz, der über das Disaster des Libanonkrieges im Sommer 2007 sein Amt verlassen musste und der immer einen flotten Spruch für die Journalisten auf den Lippen hatte, hält sich der Sohn von Holocaustüberlebenden und Vater zweier Kinder gern fern von der Öffentlichkeit. Aschkenasi entschied sich als 15-Jähriger zum Schulwechsel und schrieb sich in einem militärischen Internat ein. Drei Jahre später wurde er rekrutiert, seither verstaute er seine Uniform nur einmal für die Zeit von ganzen zwölf Monaten im Schrank.

Der Kommandant der Elitekampftruppe Golani gilt als Spezialist für den Libanon und für die Hisbollah, die offenbar ein spezielles Auge auf ihn geworfen hat. Vor einigen Monaten wurde ein israelischer Staatsbürger zu mehreren Jahren Gefängnishaft verurteilt, weil er im Auftrag der libanesischen Schiiten Informationen über das Privatleben des Stabschefs einholte, offenbar um ein Attentat gegen ihn zu planen. SUSANNE KNAUL