Auch neuer Castor unsicher

Auch die nächste Generation von Castor-Behältern wird offenbar nicht ausreichenden Crash-Tests unterzogen. Transport ins Zwischenlager Gorleben fällt im Jahr 2007 voraussichtlich aus

von KAI SCHÖNEBERG

Atomexperten zweifeln die Sicherheit der neuen Generation von Castor-Behältern an, die ab dem Jahr 2008 hochradioaktiven Müll von der französischen Wiederaufbereitungsanlage in La Hague ins Zwischenlager Gorleben bringen sollen. „Der Sicherheitsnachweis hat sich bei der neuen Generation zwar verbessert“, sagt der Physiker Wolfgang Neumann, der sich beim Umweltberatungsbüro „Gruppe Ökologie“ in Hannover seit Jahren mit der Castor-Sicherheit beschäftigt. Allerdings sind Neumann zufolge auch bei den neuen Castoren „bei einem schweren Unfall Freisetzungen nicht ausgeschlossen“.

Seit Jahren bezweifeln Atomkritiker, dass die bislang benutzten Castor-Behälter vom Typ HAW 20/28 CG einen Sturz aus großer Höhe oder einen Aufprall schadlos überstehen würden: Der Hersteller, die Gesellschaft für Nuklear Service (GNS), hat keine Falltests mit den Originalbehältern vorgenommen. Wegen Sicherheitsmängeln bei den Castoren waren die Transporte Ende der 90er Jahre sogar zeitweise ausgesetzt worden (siehe Kasten). „Jetzt gibt es Falltests“, sagt Neumann, der die Planungsunterlagen der neuen Castoren kennt, „aber nur mit verkleinerten Modellen“. Das reiche nicht. Nötig seien Tests mit Originalen.

Der Sicherheitsnachweis laufe weiterhin nur über Computersimulationen, kritisiert Neumann. Schwere Crashs oder Belastungen der hochradioaktiven Behälter durch Brände könnten durch das Raster der Tests fallen. „Wenn man sich bei den Berechnungen irrt“, sagt Neumann, „kommt es bei erheblichen Belastungen zu einem schweren Unfall.“ Das zuständige Bundesamt für Strahlenschutz kann die Befürchtungen nicht bestätigen. „Wir prüfen die Sicherheit der neuen Castortypen noch“, sagt ein Sprecher. Das Ergebnis könne er nicht vorwegnehmen.

Die neuen Behälter werden notwendig, weil der Atommüll, der künftig Richtung Gorleben rollen soll, stärker strahlt. Die neuen Behälter vom Typ HAW 28/M der deutschen GNS und TN 85 von der französischen Firma Transnuclear International sind auf stärkere Wärmeentwicklung und höhere Neutronenstrahlung ausgelegt als die alten. Immerhin: Da diese Castoren erst gebaut und genehmigt werden müssen, fällt der Transport im Jahr 2007 wohl aus. „Im kommenden Jahr wird wahrscheinlich kein Transport ins Zwischenlager Gorleben stattfinden“, sagt Jutta Kremer-Heye, Sprecherin des niedersächsischen Umweltministeriums. Das besage ein GNS-Bericht.

Danach hat sich die Zahl der Castorbehälter, die noch bis 2010 nach Gorleben gebracht werden müssen, durch die neue Containergeneration von ursprünglich 56 auf 46 verringert. Innenminister Uwe Schünemann (CDU) hatte seit Monaten versucht, den für Mitte November 2006 geplanten Transport ausfallen zu lassen, da die Polizei wegen der Fußball-WM und des G 8-Gipfels im Frühjahr 2007 im Ostseebad Heiligendamm überlastet sei. Er hatte vorgeschlagen, dafür anstatt wie gewöhnlich zwölf ab dem Jahr 2007 jeweils 18 Behälter nach Gorleben zu schicken.

Jedoch waren die Verhandlungen des Bundeskanzleramts mit der französischen Seite offenbar gescheitert. Der Bund sehe „keine Möglichkeit“ zur Bündelung künftiger Castor-Transporte, hieß es dieser Tage in einer Antwort auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion. Nun werden die Polizisten erst im Jahr 2007 „entlastet“. Warum der derzeit offenbar vielbeschäftigte Innenminister Schünemann nicht mit den technischen Problemen der neuen Castor-Behälter argumentierte, bleibt sein Geheimnis.