neues aus neuseeland: amputiertes bein zu versteigern von ANKE RICHTER
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Wenn es kalt und ungemütlich ist, erinnert man sich gern an den doppelt beinamputierten Mark Inglis, der gerade den Mount Everest bezwang. Der Kletterer überlebte einst 14 Tage in einer Eishöhle und verlor dadurch seine erfrorenen Unterschenkel. Nach solch einem Erlebnis will man logischerweise mehr. So entstehen Rekorde – eifrige Sherpas werden es danken. Kaum ließ sich der neuseeländische Bergfex mit arg geschwollenen Stümpfen im Yak-Schlitten gen Kathmandu ziehen, da griff ein seltsamer Trend um sich: Überall wimmelt es plötzlich von Prothesen.

Beinlose dominieren die Schlagzeilen dieser Tage. Angefangen mit Heather Mills, der Nochehefrau von Paul McCartney und emsigsten Wohltätigkeitsgalagängerin seit Ute Ohoven. Ihr Weg nach oben ist streng im Geiste Prinzessin Dianas mit Landminen gepflastert. Krüppel wie sie kennen keinen Phantomschmerz, wenn es um die Selbstvermarktung geht.

Das muss auch Paul geahnt haben. Da kann der olle Beatle noch so oft „Let it be“ summen: Am Mull of Kintyre steht die Scheidung ins Haus. Das ist tragisch, auch wenn wohl keiner von beiden dabei finanziell – excuse the pun – am Krückstock gehen wird.

Wesentlich mehr Respekt nötigt einem da der 12-jährige Liam Malone aus Nelson ab. Der flinke Junge spielt seit Kindertagen Rugby und diente beim letzten Halbfinale-Spiel der Crusaders aus Christchurch als Balljunge. Liam wurde ohne Wadenbeine geboren und erfreut sich zweier dekorativer Ersatzteile aus Kohlefasern. „Wenn er Rugby spielt, sind seine Strümpfe hochgezogen und man sieht seine Prothesen nicht“, verriet sein stolzer Vater dieser Tage der Lokalzeitung. „Aber einmal musste er seinen Schuh, die Socke und ein Bein ausziehen, weil Schlamm am Stumpf klebte. Die Eltern am Spielfeldrand dachten, sie hätten Halluzinationen.“

Ähnlich entgeistert waren die Menschen, die sich vergangene Woche bei einem Internetauktionshaus einloggten. Ein Shane Torrance, ebenfalls aus Nelson, bot dort sein amputiertes Bein zum Verkauf an: „Rechter Unterschenkel, gebraucht, ein Zeh fehlt, tätowiert. Kann angeliefert werden. 3.000 Dollar oder bestes Angebot.“ Torrance hat Diabetes und konnte wegen Geschwüren im Fuß nicht mehr auftreten und mit seinen vier Kindern spielen. Also trennte er sich im Februar freiwillig von dem lästigen Stück Fleisch. Nach der Operation wanderte es in die Tiefkühltruhe. „Ich dachte: ‚Warum nicht behalten?‘ Immerhin war ich 42 Jahre lang damit verbunden.“ Ein Freund schlug ihm schließlich vor, es per Internet zu versteigern – der Arbeitslose könne mit dem Gewinn seine Schulden abstottern. Doch das Auktionshaus hatte wenig Mitleid und nahm das unappetitliche Angebot innerhalb von Stunden vom Server, nachdem bereits 200 Klicker angelockt worden waren.

Torrance will es weiter versuchen. Falls sich die Nachfrage legt oder die Polizei die Verschacherung unterbindet, will er die Gliedmaße für die Diabetes-Aufklärung verwenden. Prima Idee: „Einbalsamieren und bei Gemeindefeiern und Grillpartys zur Schau stellen!“ Shane Torrance wird mit seinem Accessoire der Mann der Stunde sein.