FÖDERALISMUSREFORM – CHANCE FÜR DEN JUGENDSTRAFVOLLZUG
: Lasst mal die Länder ran

Jetzt sieht man, was herauskommt, wenn der Bund für den Strafvollzug zuständig ist: nichts. Seit 30 Jahren müsste der Bundestag ein Gesetz über Jugendhaftanstalten beschließen und hat es nicht zustande gebracht. Gestern hat nun das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine Frist bis 2007 gegeben. Nach der Föderalismusreform werden ab Sommer aber die Länder für Gesetze über den Strafvollzug und damit auch für die Umsetzung des Karlsruher Urteils zuständig sein.

Der Gerechtigkeit halber muss natürlich erwähnt werden, weshalb der Bund über Jahrzehnte hinweg untätig blieb: Die Länder haben mit Hinweis auf ihr Veto-Recht im Bundesrat jede kostenträchtige Regelung schon im Ansatz blockiert. Das macht die Sache für Bundesregierung und Bundestag aber nicht besser. Zur Bundesebene gehört der Bundesrat nun mal dazu. Und auch nach der geplanten Föderalismusreform könnte die Länderkammer alle Resozialisierungsmaßnahmen blockieren. Es wäre also etwas weltfremd zu glauben, dass ein von den Ländern gegängelter Bund die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts besser umsetzen könnte als die Länder selbst.

Vielmehr ist gerade der Jugendstrafvollzug ein gutes Experimentierfeld, um liberale und konservative Länderkonzepte zu vergleichen. Skeptiker glauben zwar, dass dabei in einem „Wettlauf der Schäbigkeit“ automatisch der kurzfristig billigste Strafvollzug zum Zuge kommt. Dabei nehmen sie aber ihre eigenen Argumente nicht ernst. Wenn es stimmt, dass eine gute Resozialisierung letztlich die Wahrscheinlichkeit von Rückfällen verringert, dann fahren mittelfristig die Länder am günstigsten, die sich Ausbildungsplätze und Therapien im Knast etwas kosten lassen.

Und nirgendwo dürfte dies mehr gelten als im Jugendstrafvollzug. Hier sind die Insassen noch mitten in der Persönlichkeitsbildung. Deswegen sind die Weichenstellungen noch eher revidierbar als nach einer langjährigen Karriere in der kriminellen Subkultur. Sollen die Länder doch mal zeigen, ob sie in der Lage sind, eine rationale Kriminalpolitik zu betreiben. CHRISTIAN RATH