Erster Testfall für Iraks Premier

Regierungschef Maliki will den Notstand über die Stadt Basra im Süden des Landes ausrufen. Hier streiten mehrere schiitische Gruppen über die Vorherrschaft

KAIRO taz ■ Die neue irakische Regierung will über den Ölhafen Basra im Süden des Landes den Notstand ausrufen. Ministerpräsident Nuri al-Maliki werde die Anordnung bekannt geben und sie auf einen Monat befristen, hieß es gestern aus Regierungskreisen. Maliki hatte zuvor angekündigt, „jeden, der versucht, die Sicherheit der Stadt Basra zu gefährden, mit eiserner Faust zu bekämpfen“. Er hielt sich gestern in Basra auf, um als politischer Feuerwehrmann Konflikte in der zweitgrößten Stadt des Landes beizulegen. „ Wir können die Stadt Basra, das Tor des Irak für unsere Importe und Exporte, nicht einfach kriminellen und terroristischen Banden ausliefern,“ erklärte er vor seiner Abfahrt.

Hintergrund ist die sich stetig verschlechternde Sicherheitslage in Basra. Früher wurde die Stadt an der Grenze zu Kuwait und zum Iran vor allem von den dort stationierten britischen Truppen als ein Musterbeispiel dafür gelobt, dass es in Teilen des Landes friedlich zugeht. Damit ist es bereits seit mehreren Monaten vorbei.

Die Stadt ist Opfer der Rivalitäten zwischen mehreren schiitischen Milizen und Parteien um die Vorherrschaft. Von Basra aus wird auch der Großteil des Erdölexports abgewickelt, was für zusätzliche Brisanz sorgt. Zwar gibt es keine offiziellen Zahlen, aber irakische Beobachter gehen davon aus, dass aus dem Irak inzwischen mehr Öl geschmuggelt als offiziell ausgeführt wird. Basra gilt als einer der Knotenpunkte dieses Schmuggels.

Vor wenigen Tagen drohte erstmals eine schiitische Gruppierung, den Ölexport ganz zum Stillstand zu bringen, um die Zentralregierung in Bagdad unter Druck zu setzen. Sowohl die Bewegung des schiitischen Predigers Muktada Sadrs, dessen Mahdi-Armee in Basra stark ist, als auch der dem Iran nahe stehende Oberste Rat der Islamischen Revolution (SCIRI) sowie eine kleinere Gruppierung namens Fadhila-Partei kämpfen um die Vorherrschaft in der Stadt. Kontrollieren die einen die Provinzverwaltung, haben die anderen die lokalen Sicherheitskräfte an sich gerissen. Sie werfen sich gegenseitig Korruption, Unterstützung organisierter Kriminalität und die Infiltration der städtischen Institutionen vor.

Für den neuen Regierungschef ist die Mission in Basra äußerst delikat. Es geht um weitaus mehr, als in der Stadt wieder für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Bei den Streithähnen in Basra handelt es sich nämlich allesamt um Mitglieder des schiitischen Bündnisses im Parlament in Bagdad, dem der Schiit Maliki seinen Posten verdankt. Der Fall Basra hat das Potenzial, die schiitische Koalition, die im Parlament die Mehrheit besitzt, auseinander brechen zu lassen. Für Maliki ist es zugleich ein erster wichtiger Test seiner Durchsetzungsfähigkeit: Schafft er es nicht, die Lage in der schiitischen Hochburg im Süden des Landes schnell unter Kontrolle zu bringen, wird er trotz seiner scharfen Worte im Rest des Irak wohl kaum ernst genommen werden. KARIM EL-GAWHARY