An Übersetzers Wort gespart

Am Hamburger Amtsgericht werden zunehmend „Billigkräfte“ als Dolmetscher eingesetzt. Das hat die Senatsantwort auf eine Große Anfrage der GAL ergeben. Demnach wird bei Gericht eine Liste von Übersetzern geführt, deren Beauftragung den Richtern „empfohlen“ wird. Es handelt sich um Dolmetscher, die Anfang des Jahres eine Rahmenvereinbarung mit abgesenkten Honorarsätzen unterschrieben haben – und zumeist keine geprüften Dolmetscher sind.

Für Prozessbeteiligte ist von größter Wichtigkeit, dass das Geschehen vor Gericht und alle Schriftstücke wortgetreu übersetzt werden. Vor allem in Strafverfahren entscheiden oft Details darüber, ob ein Angeklagter verurteilt oder freigesprochen wird. Till Steffen, der rechtspolitische Sprecher der GAL-Fraktion, weiß von einem Beschuldigten, der durch schlechte Übersetzung im Gefängnis landete: Bei einem Haftprüfungstermin rief der Mann nach seinem Anwalt – was der Dolmetscher mit „Komplize“ übersetzte. Wegen vermeintlicher Verdunkelungsgefahr kam der Beschuldigte in Untersuchungshaft.

Zur Kostensenkung hat die Justizbehörde die neue Rahmenvereinbarung entworfen, die für staatlich geprüfte Dolmetscher unattraktiv ist: Ihre Honorare sinken erheblich. Nur 59 Übersetzer haben den Vertrag unterschrieben – 42 davon haben kein Dolmetscherzertifikat. „Ein qualifizierter Dolmetscher ist unverzichtbar vor Gericht“, mahnt der GAL-Abgeordnete Steffen. „Der Einsatz von Billigkräften führt zu einem erheblichen Rechtsverlust der Beteiligten“. EE