Seltsame Beteiligungsform

PLANUNG Der Bezirk hat das Bauprojekt an der Altonaer „Bergspitze“ durchgewunken. Anwohner dürfen mitreden – nachdem alles entschieden ist

„Der Eigentümer hätte auch einfach Büros bauen können“

LUDGER SCHMITZ, STEG

Wer ist schuld, dass beim Neubauprojekt in der Neuen Großen Bergstraße keine einzige Sozialwohnung entsteht? Um diese Frage drehte sich am Mittwochabend eine Diskussion im Altonaer Rathaus. Bei der eigentlich als Bürgerbeteiligung gedachten öffentlichen Plandiskussion kritisierten Anwohner zudem, dass die Entscheidung über das Bauvorhaben am Goetheplatz, der sogenannten „Bergspitze“, längst gefallen ist.

Denn die Baugenehmigung für den umstrittenen Neubau neben dem neuen Ikea-Möbelhaus, hat der Bezirk bereits erteilt. Und das ohne von der Immobilienfirma Bruhn in einem städtebaulichen Vertrag den Bau von öffentlich geförderten Wohnungen zu fordern. Das verstößt gegen die vom Senat im Sommer 2011 mit den Bezirken verabredete Vereinbarung, bei Bauprojekten ab 20 Wohnungen von den Immobilienbesitzern möglichst einen Anteil von 30 Prozent Sozialwohnungen einzufordern.

Der SPD-Bezirksabgeordnete Mark Classen schob die Verantwortung auf das Bezirksamt und erklärte, dass der ehemalige Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose (parteilos) offenbar versäumt habe, entsprechende Auflagen zu machen. Frank Conrad, der Leiter des Fachamts für Stadt- und Landschaftsplanung vom Bezirksamt Altona, sieht das anders: Die Verwaltung sei dazu da, das Baurecht auszulegen. „Das Bezirksamt musste aber den Beschluss der Bezirksversammlung ausführen.“ Es sei also politisch so gewollt gewesen.

Laut Ludger Schmitz von der Stadtentwicklungsgesellschaft Steg liegt das Problem aber noch woanders: „Weil der Bebauungsplan an dieser Stelle ein Mischgebiet vorsieht, hätte der Eigentümer, wenn man Sozialwohnungen gefordert hätte, auch einfach Büros bauen können.“

Nach Anwohner-Protesten hatte sich die Firma Bruhn entschlossen, kleiner zu bauen, als sie laut des alten Bauplans eigentlich dürfte. Doch dieser Plan stammt aus dem Jahr 2004, als von dem Ikea-Bau, der ebenfalls einen Teil des Goetheplatzes schluckt, noch keine Rede war. Auf der 700-Quadratmeter-Fläche steht heute noch der zweigeschossige 70er-Jahre-Bau, der auch die „Preisoase“ beheimatet. Dazu hat das Unternehmen 500 weitere Quadratmeter öffentlichen Grundes gekauft, um dort ein wuchtiges Geschäfts- und Wohnhaus mit sieben Geschossen und Tiefgarage zu errichten: mit bis zu 60 Wohnungen und einer Kaltmiete um die zwölf Euro pro Quadratmeter.

Um das Bauprojekt zu verhindert, hätte der Bezirk eine sogenannte Veränderungssperre verhängen müssen. Doch alle Bezirksfraktionen mit Ausnahme der Linken waren für das Bauvorhaben an der Bergspitze.  LKA