Bremen kriegt die Rute

LÄNDERFINANZEN Der Stabilitätsrat zweifelt bei seiner Herbst-Sitzung an Bremens Spar-Erfolg, fordert mehr Konsolidierung und rügt den Senat – aber nur adventlich milde

Eine Rüge hat Bremen gestern Abend vom Stabilitätsrat erhalten. „Ich werde mich dagegen wehren“, hatte Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) im Vorfeld der drohenden Entscheidung des Kontrollgremiums der taz gesagt. Gestern um 17 Uhr war klar: Ihr Erfolg blieb eher mäßig.

Im Gremium überprüfen die FinanzministerInnen von Bund und Ländern ihre jeweiligen Haushalte im Hinblick auf Einhaltung der Schuldenbremse. Auflagen darf es dabei für diejenige Länder formulieren, die aufgrund einer Notlage Sanierungsbeihilfen erhalten – wenn die ihren Sparkurs verlassen. Das gilt für Schleswig-Holstein, das Saarland, Berlin und Sachsen-Anhalt und eben auch für Bremen, das kleinste der hilfsbedürftigen Länder – das zugleich mit 300 Millionen Euro jährlich das meiste Geld bekommt.

Zwar konnte sich Finanzsenatorin Linnert mit ihrer Auffassung durchsetzen, dass „Bremen alle Vorgaben des vereinbarten Sanierungsprogramms erfüllt“: Die ursprünglich geplante förmliche Rüge nach Stabilitätsratsgesetz, die wie eine Drohung im Hinblick auf die Beihilfe-Zahlungen gewirkt hätte, mutierte zur formlosen Ermahnung. Doch betont der Rat, dass er den Erfolg von Bremens Sparkurs für „gefährdet“ hält – und mahnt das Land „zu einer Verstärkung seines Konsolidierungskurses“. Begründung: Die „Verringerung der Sicherheitsabstände“ – also des kalkulierten Puffers zwischen der geplanten und der durch laut Sanierungsvereinbarung erlaubten Neuverschuldung. Dieser Puffer resultiert aus Werten der Steuerschätzung: Im Mai 2012 ergab diese Prognose für 2014 einen virtuellen Abstand von 273, im Mai 2013 einen von 154 Millionen Euro. „Der ist nicht Bestandteil der Vereinbarung“, betonte deshalb eine zornige Linnert: „Man kann nicht im laufenden Verfahren die Regeln verändern.“

Als Hintergrund der Rüge gilt, dass Bremen in den 1990ern schon einmal Milliarden-Hilfen bekommen hatte. Die aber verjuxte damals der bundesweit beliebte Bürgermeister Henning Scherf (SPD) mit einem großkoalitionären Senat in oft komplett ertraglosen Investitionen – ohne jede Kontrolle durch die Geber. Die trauen dem Ländchen nun nicht mehr. Und so wittert der Rat Unbill, weil Bremen im kommenden Jahr auf Druck von linker Opposition und Demos im Hochschulbereich weniger kürzt und sogar neue LehrerInnen einstellt, denn so „reduzieren sich die geplanten Entlastungswirkungen durch Personaleinsparungen“. Und überhaupt: Wenn Bremen selbst darauf hinweise, „dass der Konsolidierungskurs an die Grenzen der Gestaltbarkeit der Haushalte stößt“ – wie soll das enden?

Materielle Folgen hat der Ratsbeschluss nicht. „Wir bekommen unsere 300 Millionen“, so Linnert. Bremen sei vertragstreu, „es gibt keine Grundlage, sie uns zu verweigern“.  BES