Menschenrechtler wurde vor seinem Tod offenbar gefoltert

KONGO Zustand der Leiche von Floribert Chebeya weist auf Polizeimord hin. Spannungen in Kinshasa

Blut an Mund, Nase und Ohren; und Schwellungen am Hals, die auf Strangulierung hindeuten

BERLIN taz | Der in der Demokratischen Republik Kongo tot aufgefundene Menschenrechtsaktivist Floribert Chebeya wurde vor seinem Tod misshandelt und dann möglicherweise erwürgt. Dies erfuhr die taz gestern aus dem Umfeld der von Chebeya geführten Organisation Voix des Sans-Voix (VSV), nachdem eine VSV-Delegation in Begleitung von UN-Mitarbeitern am Donnerstagnachmittag erstmals die Leiche des Toten unter Polizeiaufsicht besichtigen konnte. Mit Ausnahme des Kopfes war der Körper verhüllt, ihn zu berühren oder zu fotografieren war verboten, aber was zu sehen war, genügte: Blut an Mund, Nase und Ohren, eine Beule an der Stirn und Schwellungen am Hals, die auf Strangulierung hindeuten.

Chebeya, der bekannteste Menschenrechtsaktivist des Kongo, war am Dienstagabend in Kinshasa verschwunden, nachdem er einer Vorladung des Polizeichefs John Numbi gefolgt war. Die Polizei gab am Mittwoch die Auffindung seiner Leiche bekannt. Die erst am Donnerstag gewährte Teilbesichtigung von Chebeyas Leiche nährt nun den Verdacht, dass er von der Polizei ermordet wurde. Eine Exilquelle berichtet unter Berufung auf Kontakte in Kinshasas Polizeiapparat, der VSV-Chef sei bei dem Treffen mit Numbi gefesselt worden; dass er beim Erdrosseln starb, sei möglicherweise nicht eingeplant gewesen.

Die Spekulationen nähren die Stimmung der Angst in Kongos Hauptstadt: Wenn ein international so bekannter Aktivist straflos getötet werden kann, ist niemand sicher. „Die Stimmung in Kinshasa ist sehr angespannt“, berichtet ein Kontaktmann der mittlerweile abgetauchten VSV-Führungsriege. „Je länger es dauert mit der Freigabe der Leiche, desto angespannter.“ Militante Jugendgruppen würden bereits für Proteste mobilmachen.

In einem ungewöhnlichen Schritt forderte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon persönlich eine „transparente und unabhängige Untersuchung“. Der UN-Sonderbeauftragte für extralegale Hinrichtungen, Philip Alston, erklärte, die Umstände von Chebeyas Tod „legen eine offizielle Verantwortung nahe“. Der Mord sei „Teil eines zunehmenden Trends der Einschüchterung und Verfolgung“. DOMINIC JOHNSON