Gezerre um Bildungsgipfel – Bafög ist Faustpfand

BILDUNG Die Länder wollen das Bafög nur erhöhen, wenn die Bundesregierung ihnen mehr Geld gibt

„Der Bildungsgipfel ist die Nagelprobe für die Kanzlerin“

Christoph Matschie (SPD), Thüringen

BERLIN taz | Die Bundesländer setzen Kanzlerin Angela Merkel vor dem Bildungsgipfel unter Druck. Im Bundesrat knüpften sie am Freitag ihre Zustimmung zu Bildungszielen und Vorzeigeprojekten der Bundesregierung an die Bedingung, ihnen mehr Geld aus Umsatzsteuereinnahmen zu überlassen. „Um das 10-Prozent-Ziel zu gewährleisten, muss der Bund den Ländern finanziell unter die Arme greifen. Der Bildungsgipfel ist die Nagelprobe für die Kanzlerin, ob sie dieses Ziel erreicht“, sagte Thüringens Bildungsminister Christoph Matschie nach der Sitzung der taz.

Am kommenden Donnerstag treffen sich Angela Merkel und die Ministerpräsidenten, um zu beschließen, wie sie das vor zwei Jahren auf dem Dresdner Bildungsgipfel vereinbarte Ziel finanzieren, ab 2015 jährlich zehn Prozent vom Bruttoinlandsprodukt für Bildung und Forschung auszugeben.

Damit will die Bundesregierung unter anderem das Bafög, die Förderung für Studierende, deren Eltern wenig verdienen, um zwei Prozent erhöhen. Ebenfalls im Herbst will sie ein nationales Stipendienprogramm starten und Hochschulen finanziell unterstützen, die Gelder für einkommensunabhängige Stipendien einwerben. Die Länder haben sich unter anderem verpflichtet, mehr Kitaplätze anzubieten.

Eigentlich sind die Länder für Schulen und Hochschulen allein zuständig, doch fehlt es ihnen an Geld, da sie ihre Haushalte bis 2020 sanieren und sparen sollen. Sie stimmten daher am Freitag mehrheitlich für den Vorschlag Thüringens und Nordrhein-Westfalens, die Erhöhung der Bafög-Sätze unter Finanzierungsvorbehalt und eine „angemessene Lösung zur gemeinschaftlichen finanziellen Absicherung des 10-Prozent-Ziels“ zu stellen.

Der hessische Beauftragte für Bundesangelegenheiten, Michael Boddenberg, plädierte sogar dafür, die zusätzlichen Milliardeninvestitionen zu verschieben. „Wir sollten uns am 10. Juni darauf verständigen, diesen Zeitraum zu strecken.“

Der Bund, der sonst ein Zehntel aller Bildungsausgaben finanziert, möchte 40 Prozent der Mehrausgaben übernehmen – im Rahmen von fest vereinbarten Projekten. „Wir stehen zu diesem Angebot“, sagte der Staatssekretär im Bundesbildungsministerium (BMBF), Helge Braun, nach der Bundesratssitzung der taz. Aber man wolle sicher sein, dass das Geld in Bildung investiert wird, und den Ländern deshalb nicht pauschal einen höheren Anteil der Umsatzsteuer überlassen. „Das wäre für uns eine große Kröte, die wir derzeit nicht bereit sind zu schlucken.“

Matschie forderte den Bund auf, seine Blockadehaltung aufzugeben. „Sonst sehe ich schwarz für den Gipfel.“ ANNA LEHMANN