Professoren flüchten vor Studis

Blockierte Gleise in Hamburg, Stau auf der Autobahn bei Frankfurt: In den Universitätsstädten wächst die Protestbewegung gegen Studiengebühren

BERLIN taz ■ Die bundesweiten Proteste gegen Studiengebühren haben in dieser Woche an Schärfe gewonnen – allein am Mittwoch gingen in fünf Städten insgesamt etwa 9.000 Studierende gegen das Bezahlstudium auf die Straße: in Kiel, Hamburg, Frankfurt am Main, Gießen und München.

Sechs Bundesländer haben bereits beschlossen, dass Studis demnächst mindestens 500 Euro pro Semester zahlen müssen. In den meisten anderen Ländern wird über die Einführung von Studiengebühren verhandelt. So zum Beispiel in Hamburg, wo zu einer ersten Lesung des entsprechenden Gesetzes vorgestern rund 700 Studis auf die Straße gingen. Lautstark skandierten sie die typischen Parolen wie „Bildung für alle, und zwar umsonst“.

Nach dem friedlichen Protestzug besetzten rund 100 junge Leute drei Bahnsteige im Hauptbahnhof und legten den Schienenverkehr für eine Stunde lahm. Die Polizei nahm 50 Gebührengegner fest, mehrere von ihnen musste sie von den Schienen tragen. „Wir werden bis zum Schluss gegen die Einführung von Studiengebühren kämpfen und deutlich machen, dass wir die Pläne des CDU-Senats für schädlich halten“, erklärte die Studierendenvertretung (Asta) in Hamburg. In Berlin solidarisierten sich zwei Dutzend Studierende mit den Hamburger Kommilitonen und kletterten mit Transparenten auf das Dach der Hamburger Landesvertretung – bis sie nach zwanzig Minuten von der Polizei festgenommen wurden.

Neben der Hansestadt konzentrierten sich die Proteste vor allem auf Hessen. Dort hatte die Landesregierung trotz juristischer Bedenken im Mai die Einführung der Gebühren ab Sommersemester 2007 beschlossen. In Gießen protestierten nach Polizeiangaben 3.000 Menschen. Ein junger Mann, der mit anderen Demonstranten einen Bahnübergang blockieren wollte, wurde von einem Zug erfasst und am Bein schwer verletzt.

In Frankfurt am Main versuchte die Polizei vergeblich, rund 1.000 Demonstranten daran zu hindern, eine Autobahnstrecke zu blockieren. Die Beamten wurden nach eigener Aussage mit Eiern, Tomaten, Flaschen und Holzlatten beworfen.

In Nordrhein-Westfalen konzentriert sich der Protest auf einzelne Hochschulen. Denn dort hat der Landtag die Studiengebühren zwar generell erlaubt, die Entscheidung jedoch den Hochschulen überlassen.

Diese Regelung führt an einigen nordrhein-westfälischen Universitäten zu Szenen, die aus einem Agentenfilm stammen könnten: So wurden die Senatsmitglieder der Uni Bonn gestern an einem geheim gehaltenen Treffpunkt abgeholt und an einen ebenso unbekannten Ort gefahren – um dort ungestört über die Einführung von Studiengebühren zu entscheiden. Denn die öffentliche Sitzung am Morgen war von etwa 100 Studierenden verhindert worden.

Auch der Senat der Uni Köln musste einen Tag lang vor seinen Studierenden fliehen: in das 40 Kilometer entfernte Jülich. Dort beschloss die Unileitung dann das Bezahlstudium. Die Studierenden kündigten daher weitere Proteste für die kommenden Woche an. S. TEGTMEIER,
T. STEER, S. HEISER