bücher über fußball, vierte Lieferung
: Die hohe „SZ“-Auslandsfußballkorrespondentenschule: Englands, Spaniens und Italiens Fußball

Mit Fußballbüchern hat das in diesen Tagen seine eigene Bewandtnis: Je näher die WM rückt, und es sind ja nur noch sechs schlanke Tage, umso weniger interessiert sich jemand für sie. Wenn der Ball erst einmal rollt, der Fernseher von 15 Uhr an läuft, liest kein Schwein ein Fußballbuch mehr, nur noch Spielpläne und Sportseiten. Weshalb wir in Zukunft tapfer weitere Fußballbücherkolumnen liefern; wo sind wir denn?

Man muss allerdings sagen, dass sich Verlage und Fußballbuchschreiber wirklich alle Mühe gegeben und eine gewisse Langlebigkeit ihrer Bücher angestrebt haben – das Business der Schnellschüsse à la „So war die WM 2006“ beginnt ja erst so richtig mit dem 9. Juli (und endet schätzungsweise eine Woche später. Es soll aber, wie man hört, sehr, sehr einträglich sein, selbst für die Schreiber und Fotografen, einträglicher wahrscheinlich als alle in dieser Kolumne in den letzten Monaten besprochenen Fußballbücher zusammen).

Zu jeder Jahreszeit und in jedem Fußball-WM-freien Jahr hätten also auch die Bücher von Birgit Schönau, Raphael Honigstein und Javier Cáceres herauskommen können. Sie funktionieren noch nach der WM, hätten letztes Jahr funktioniert und tun das noch in ein oder zwei Jahren, so schnell ändert sich auch nichts im englischen, spanischen und italienischen Fußball, um den es in diesen Büchern geht. Javier Cáceres ist Sportredakteur der Süddeutschen Zeitung mit Sitz in Berlin, er schreibt, das bietet sich an, da er chilenischer Abstammung ist, für die SZ zuweilen über den lateinamerikanischen und den spanischen Fußball und in seinem Buch „Fútbol“ ausschließlich über den spanischen. Raphael Honigstein und Birgit Schönau schreiben für die SZ über den englischen (Honigstein) und italienischen (Schönau) Fußball und tun dasselbe in ihren Büchern „Harder, better, faster, stronger“ und „Calcio“. Und was soll man sagen: Die hohe SZ-Fußballkorrespondenten- und -Sportseitenschule ist das, schön geschrieben, informiert, intelligent, unterhaltsam und höchstens dort etwas bemüht-aufgebockt, wo es um die Historie des Fußballs in dem jeweiligen Land geht, um die Anfangsjahre, die Anfänge, die Geburtsstunden etc.

Ja, ja, ein bisschen meckern muss sein, bei den Buchanfängen ertappt man sich beim Weiterblättern, da will man doch lieber schnell in die Gegenwart und eine Vergangenheit, deren man sich noch erinnern kann, in der die alten Helden und Glanzspiele ihr ewiglich schönes Antlitz zeigten. Ansonsten aber alles voll in Ordnung: das Derby Barcelona gegen Real, die Politik und die Italienische Liga, Englands Mister Fußball, Jimmy Hill, ein Mann, der auf der Insel schon alles war: Spieler, Trainer, Schiedsrichter, Präsident, Manager und TV-Reporter, und auch Englands Fluch und Herrlichkeit, ein bekannter russischer Multimilliardär namens, na, Sie wissen schon. Natürlich die Nationalmannschaften und wunderbarerweise auch die Vereine, die im Hinterland angesiedelt sind und manchmal doch arg im Schatten der Großen ihre Spiele spielen müssen, die FC Sevillas, Deportivo La Corúnas, AC Turins und AS Roms (genau, die!).

Um noch ein wenig zu kritteln: Wer regelmäßig den SZ-Sportteil liest, kennt sich natürlich hie und da in den Ländern aus, die Auslandsfußballberichterstattung zumindest über die großen Clubs gehört inzwischen genauso mit auf die Sportseiten wie die ausführliche Bundesligaberichterstattung. Dass aber eine zwielichtige Gestalt wie Juves Luigi Moggi zuletzt gleichfalls regelmäßig auf den Sportseiten auftauchen sollte, weil er es überzogen hat mit dem Spieleverschieben und Schiedsrichterbestechen, das hätte wahrscheinlich selbst die gute Birgit Schönau nicht gedacht. GERRIT BARTELS

Birgit Schönau: „Calcio“; Raphael Honigstein: „Harder, better, faster, stronger“; Javier Cáceres: „Fútbol“; alle Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006, um 200 Seiten, jeweils 7,90 Euro