Freier und Prostituierte

FEMINISMUS IN SCHWARZ UND ROT In Deutschland macht Alice Schwarzer gemeinsam mit CDU und SPD mobil, in Frankreich tut es die sozialdemokratische Regierung. Um Frauen zu schützen, sollen Männer bestraft werden, die zu Prostituierten gehen

■ betr.: „Der unsichtbare Freier“, taz vom 28. 11. 13

Wir befinden uns im Patriarchat – schon vergessen? Ist erst mal Zwietracht gesät unter den „Weibern“, können sich die Herren ganz entspannt zurücklehnen und erleichtert aufatmen. Der Machterhalt ist gesichert. Die wirklich wichtigen Themen gehen in der Schlammschlacht unter.

Dieses altbewährte Ablenkungsmanöver klappt immer. Immer!

Aber aus welcher unterbelichteten Ecke kommt jetzt dieser Text? Ist es der stillschweigend übernommene und nicht mehr hinterfragte, also verinnerlichte patriarchale Blick? Es kann jedenfalls nicht angehen, dass wochenlang Schwanzträger mit ihrem Problem der sachgerechten Bedienung zur Debatte stehen. Wo doch zwei gesunde Hände ausreichen. Die Vorteile liegen doch sozusagen auf oder in der Hand: 1. universell handhabbar; 2. keine finanzielle Belastung und 3. keine Diskriminierung irgendwelcher anderer ErdbewohnerInnen. GISELA GAST, Bremen

■ betr.: „Der unsichtbare Freier“, taz.de vom 30. 11. 13

Und da ist er wieder. Der ewig zu bedauernde Mann. Was machen denn Frauen, wenn sie einsam, krank, behindert sind? Sexuell unbefriedigt. Richtig. Sie müssen mit ihrem offenbar gern fremdgehenden Mann leben. Untersuchungen, wer Freier wirklich sind? Wozu? Das will doch keiner sehen. Frauen wollen alle denken: Meiner macht das nicht, also muss ich mir darüber meinen Kopf nicht zerbrechen. Also weiter Vogel Strauß bleiben, idyllisch leben und den Mann ruhig weitermachen lassen. Die Prostituierten wird’s freuen. Sind sie doch alle selbstbestimmt. Ja, ich bestimme, dass es mich nicht interessiert, von wem ich mich heute v.geln lasse.

SANDRA T., taz.de

■ betr.: „Bei Sex droht Knast“, taz.de vom 4. 12. 13

Die Kampagne gegen das rot-grüne Prostitutionsgesetz läuft ja schon eine ganze Weile, etwa in den ARD-Magazinen. Alice Schwarzers Initiative war im Grunde auch nur eine Frage der Zeit, und die „Prominenten“, die alles unterschreiben, Hauptsache ihr Name ist zu lesen, sind auch nicht überraschend.

Die CSU-Politikerin Dorothee Bär fällt auch schon länger durch ihre vermufften Ansichten auf. Die Dame wird aber wohl eher von Ideologie und Karrierewünschen angetrieben, als von Sorge um die echten Probleme.

Beim Thema Prostitution müssen wir uns von der Vorstellung verabschieden, eine perfekte Lösung zu finden. Die wird es hier genauso wenig geben wie beim Thema Drogen. Es kann nur um die bestmögliche Lösung gehen. Ein paternalistischer Ansatz, wie ihn die Koalition wohl gehen will, ist nicht sinnvoll. Man sollte auf die Mündigkeit der Menschen setzen, aber das „Milieu“ auch nicht sich selbst überlassen. Der Kampf gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution ist notwendig und richtig, aber kaum mit solchen kruden und lebensfremden Ansätzen zu gewinnen. SÖREN, taz.de

■ betr.: „Gegen den Strich“, taz.de vom 5. 12. 13

Das Problem ist doch, dass alles erst mal großartig verpackt ist: Internetzensur zum Kinderschutz, Extremüberwachung zum Terrorschutz, Fett-/Zuckersteuern zum Gesundheitsschutz. Nun also Prostitutionsverbot zum Frauenschutz (freilich ohne die betreffenden Frauen in Frankreich zu fragen). Lasst euch nicht veralbern! Es geht hier auch nicht um rechts und links, sondern um Widerstand gegen die Feinde der offenen Gesellschaft, die es in jedem politischen Lager gibt. Kontrolle der Sexualität: fast überall ein Instrument (beginnender) Diktaturen, seien sie religiös, nationalistisch, säkular. Ja, die Wegnahme eurer Freiheit beginnt schleichend. Seid wachsam! D.J., taz.de

■ betr.: „3.750 Euro für zweimal Sex“, taz.de vom 4. 12. 13

Na, da wird die Halbwelt ordentlich die Sektkorken knallen lassen. Sprudelnde Einnahmequellen wie im Chicago der 1930er. Prohibition hat noch nie funktioniert. Erst recht nicht bei dem Thema. Man kann sich schon mal den Wecker stellen: Das wird mittelfristig wieder einkassiert. Schade nur, dass auch bei uns ein paar frei drehende Problempolitiker ähnlichen Unsinn anzetteln dürfen. Wenn wir schon die Überregulierung der Frittenbuden ausweiten wollen, dann sind erst mal unsere schattigen Dienste und die Hinterzimmer-Filzokratie an der Reihe. Und erst nach einer ziemlich langen Liste weiterer Themen kommen dann Bordelle dran. Horst S. aus M., taz.de

■ betr.: „3.750 Euro für zweimal Sex“, taz.de vom 4. 12. 13

Getroffen werden die Ärmsten, die Frauen, die tatsächlich gezwungen werden. Wer Geld hat, kann sich alle möglichen Luxusgirls leisten – nach wie vor. So ist es in Schweden. Ich wollte es zuerst nicht glauben, wie es tatsächlich bei Alice Schwarzers Vorbild Schweden läuft. Eine Eingabe in Google: „Stockholm Escort“, hat mich eines Besseren belehrt. Massenweise Angebote, freizügig, mit Angabe der „Dienstleistung“ und der Preise. Das ist doch eine verlogene kleinbürgerliche Diskussion die, Schwarzer in Deutschland und Najat Vallaud-Belkacem in Frankreich führen. Klaus, taz.de

■ betr.: „Grüß Gott, machen Sie das freiwillig?“, taz.de vom 2. 12. 13

Es stimmt schon, was die Große Koalition vorhat, ist Bullshit. Denn Zwangsprostitution ist de facto nichts anderes als Vergewaltigung (an der noch irgendein Arsch verdient) – und die ist bereits strafbar und ja, sollte schärfer verfolgt werden und genauso bestraft wie eben, nun ja: Vergewaltigung.

Wie die Freier das erkennen sollen? Eigentlich oft nicht so schwer.

In diesen Freierforen liest man oft Kram wie: „War nicht so toll, man merkte, dass sie eigentlich gar keinen Bock hatte, aber aus Mitleid hab ich sie trotzdem gepoppt, damit sie wenigstens auch Geld verdient.“

Mit null Unrechtsbewusstsein.

Wenn allein dieser Sorte Freier mal aufgehen würde, dass das nicht okay ist, dass man, wenn man merkt, eigentlich will die Frau nicht, das auch zu lassen hat, Hure hin oder her.

Wenn eine Frau Spaß am Sex hat, merkt man das. Und wenn man irgendwelche Zweifel hat, ob sie das freiwillig tut – ja mei, dann halt einfach sein lassen.

IRRLICHT, taz.de

■ betr.: „Der unsichtbare Freier“, taz.de vom 30. 11. 13

Wie wäre es, wenn über einen weiteren Akteur in diesem Diskurs sachlich und ohne jedes Schamgefühl und verlogene Moral journalistisch fundiert berichtet wird: die ganz „normale“ Frau. Nur zur Info: Das ist die Frau, die mit einem Mann schläft, ohne Geld dafür zu nehmen. So etwas soll es ja geben. Weil sie sich nach ihm sehnt, ihn begehrt, womöglich den Kerl sogar liebt. Vielleicht hat sie einfach nur Langeweile oder sich promillemäßig zu viel zugemutet. Denkt jemand mal an die Lust der Frau? Die hat nichts mit Dessous, Strapsen oder ähnlichem Quatschkram zu tun. Was machen all die Frauen, die nicht wissen, wohin mit ihrer Lust? Schuhe shoppen, Wohnung dekorieren, Dildo-Abend auf der Prosecco-Couch?

Gerne wird angeführt, dass es die Prostitution schon immer gab. Zum Nachweis werden Fälle aus dem Mittelalter, der Zeit der Zünfte, angeführt. Aus dieser Zeit sind auch Fälle bekannt, in denen sich Frauen beim Rat der Stadt über ihre Ehemänner beschwert haben, die zu Hause keine Kraft mehr hatten, nachdem sie ihr Pulver im Bordell verschossen hatten.

Ich finde, diese Frauen haben sich zu Recht beschwert. Wenn schon die Fürsprecher der Prostitution argumentieren, dass jeder Mensch ein Recht auf Sex hat, dann bitte alle Menschen einbeziehen. Mein Vorschlag: Gerne können sich die Männer aus den unteren Lohngruppen oder aus den armen Ländern Europas ein paar Euro dazu verdienen. Das entlastet die Sozialkassen. Klar dürfte auch sein, dass der Tarif stimmen muss. Frauen verdienen immerhin rund ein Drittel weniger als Männer. SONNENSCHEIN, taz.de

■ betr.: „3.750 Euro für zweimal Sex“, taz.de vom 4. 12. 13

Einfach nur dumm auf so vielen Ebenen, einfach nur lachhaft. Dem Großteil der Prostituierten wird das Leben um einiges erschwert und sie weichen notgedrungen in die „dunklen Ecken“ der Gesellschaft aus, wie in Schweden. Auch dort floriert weiterhin die Prostitution, nur versteckt. Und damit unsicherer für beide Seiten. Auch in Schweden wurden die Prostituierten selbst nicht angehört, denn wie ja alle wissen, Feministinnen sprechen und handeln ja immer nur im Interesse der Frauen … aller Frauen …

Was mich aber am meisten stört: Aufgrund solcher neopuritanischen Ideologen verlieren die Linken insgesamt ständig und auf Dauer Zustimmung, und die Rechte freut sich da, ist Nutznießer. Bei der nächsten Wahl gewinnen dann die Rechten, und verlieren wird die ganze Gesellschaft, und das nur weil einige wenige unverbesserliche Ideologen ihre Weltanschauung für die einzig Akzeptable halten und durch den Missbrauch staatlicher Gewalt erzwingen.

Mir tun die Prostituierten in Frankreich einfach nur leid, die jetzt diesen absoluten Blödsinn ausbaden müssen, denn Prostitution lässt sich nicht verbieten, aber so weit können die Neopuritaner ganz offensichtlich nicht denken. Von daher ist das ein zum Scheitern verurteiltes Experiment, bei dem die Opfer schon jetzt feststehen, doch das interessiert eine französische Frauenministerin – genau, genau – nämlich überhaupt nicht.

BIFF, taz.de