berliner szenen Nonverbal kommuniziert

Mehr Action, bitte!

Freitagnacht, an der Schnittstelle zwischen Tun und Nichtstun gehen wir tanzen. Der nächste Montag ist fern, vor uns liegt noch ein ganzes Wochenende. Die Tanzfläche ist voll und die Musik dieselbe wie vor zehn Jahren. Vor mir sitzt, sich wacker aufrecht haltend, der Freund des Freundes eines Freundes. Er ist schon ziemlich betrunken. Seine Konversationsversuche wirken aufdringlicher als beabsichtigt. Er merkt es und schweigt.

R.E.M. sind immer noch in der Glaubenskrise. Wenige Meter entfernt, durch eine Mauer aus Schall von uns getrennt, verdreht ein Junge im schwarzen T-Shirt die Augen und lässt den Unterkiefer fallen. Ich lächle ihm aufmunternd zu: „Nicht verzweifeln“, will ich sagen, „es kann nur besser werden.“ Unsere Blicke treffen sich, er hebt die Augenbrauen, ich die Schultern. Seine Mundwinkel entfernen sich voneinander. Fragend wandert sein Zeigefinger zwischen dem Freundesfreund und mir hin und her. „Ja, der gehört zu mir“, denke ich und nicke. Als mir die zweite Bedeutung seiner Handbewegung aufleuchtet, geht mein Nicken in Kopfschütteln über: „Nein, wir sind nicht zusammen.“

Schmerzlich wird mir bewusst, dass sich der T-Shirt-Träger gerade auf das Obszönste von mir angemacht fühlt. „Das geht den überhaupt nichts an“, denke ich und will die peinliche Szene mit einem Abwinken beenden. Er grinst und formt aus hohlen Händen eine imaginäre Kugel, die er schulterzuckend hinter sich wirft. Da kommt die rettende Botschaft des King of Rock ’n’ Roll: „A little less conversation, a little more action please.“ Ich ziehe den Freundesfreund aus seinem Halbschlaf auf die Tanzfläche. Und der T-Shirt-Träger küsst die Glitzertop-Trägerin neben sich. LEA STREISAND